John Fante: Der Weg nach Los Angeles

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John Fante: Der Weg nach Los Angeles

Beitragvon Didonia » Mo 1. Jan 2018, 14:08

Ich muss gestehen: Mir ist es noch nie so schwer gefallen, mit einem Buch zu beginnen. Aber da ich mich zu einer Leserunde angemeldet hatte und das Buch noch dazu vom Verlag Blumenbar erhalten habe, blieb mir nichts anderes übrig.
Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn ich nicht nachgeforscht hätte und rausgefunden hätte, dass dieses Buch der letzte Teil eines Vierteilers ist. Und natürlich wollte ich vorher die ersten drei Bücher lesen.

Warte bis zum Frühling, Bandini
Ich – Arturo Bandini / Frag den Staub
Warten auf Wunder
Der Weg nach Los Angeles

Mit Warte bis zum Frühling, Bandini ging es los. Und ich war begeistert, denn schreiben konnte Fante, das muss man ihm lassen:

Die Bandinis sind italienische Einwanderer und leben in Rocklin, Colorado. Svevo Bandini hat braune Augen, die Augen einer Frau. Diese Augen hat er seiner Mutter gestohlen, die kurz nach seiner Geburt gestorben ist. Er ist seit fünfzehn Jahren mit Maria verheiratet und hat drei Söhne: Arturo (mit 14 Jahren der Älteste), August (12) und Federico (8).
Svevo spricht oft und gern. Nur den Satz "Ich liebe dich" hat er für Maria kaum je über die Lippen bekommen. Er findet das langweilig.
Maria bittet ihren Mann, für ein schönes Weihnachtsfest zu beten. Doch wie soll das gehen: "Löcher in den Schuhen, Pech im Spiel, keine Arbeit..."
Wenn sie sich des Nachts lieben, kann Svevo seine Sorgen für eine Weile vergessen; Maria fragt sich, wie viel Geld er im Imperial wohl verloren hat.

Unter den Brüdern gibt es meistens nur Streit.

Vater Svevo treibt sich rum, kommt schon seit Tagen nicht nach Hause. Mary verliert allen Antrieb. Wenn sie sich nicht um die Jungs kümmert, die nur Blödsinn im Kopf haben, sitzt sie mit dem Rosenkranz in der Hand und betet und ist zumeist geistesabwesend.
Arturo ist wütend über Maria, die sich nicht so anstellen soll. Als er und August den Vater mit der Geliebten in ihrem Auto sehen, schlägt er August so lange, bis dieser verspricht, nichts davon der Mutter zu erzählen.

Ansonsten grübelt Arturo viel über Himmel und Hölle und das Fegefeuer nach. Und über Rosa, eine Klassenkameradin, in die er verliebt ist. Für sie stiehlt er der Mutter sogar ein Schmuckstück, das Maria von Svevo zum ersten Hochzeitstag bekommen hat.

Den 2. Teil, Ich – Arturo Bandini, habe ich dann nach gut 50 Seiten abgebrochen. Obwohl sich Arturo hier schon als Schriftsteller versucht, es also in mein Schema passt. Aber irgendwie kommt es mir vor, als hätten die beiden Bücher zwei verschiedene Personen geschrieben.

Und sympathischer ist mir Arturo auch noch nicht geworden.

Dass es sich liest, als wären es zwei Autoren, kommt wohl daher, dass im 2. Teil Arturo als Ich-Erzähler auftritt. Er möchte zwar Schriftsteller werden, lebt aber eigentlich in den Tag hinein. Schreibt Briefe an seinen Agenten, von denen einer glücklicherweise mal als Kurzgeschichte veröffentlicht wird, für die er 140 Dollar bekommt. Das Geld ist fix ausgegeben.

Aus dem 1. Teil hatte ich nicht mitbekommen, dass Schriftsteller zu werden, Arturos Traumberuf oder seine Berufung wäre. Aber wie auch schon bei Hunger von Knut Hamsun kommt der Schreiberling nicht auf die Idee, sich einen Brotjob zu suchen. Nicht mal der Versuch wird unternommen.
Da werden lieber Schulden gemacht oder die Mama angebettelt.

Ehrlich gesagt habe ich den dritten Teil, Warten auf Wunder, gar nicht erst zur Hand genommen. Zu unsympathisch ist mir dieser Arturo Bandini, zu verletzend seinen Mitmenschen gegenüber.

Besser wird es dann auch nicht in Der Weg nach Los Angeles.

Er könnte einem ja noch sympathisch sein, wenn er nur mit seinem Leben nicht klarkommen würde und sich irgendwie durchboxen müsste.
Aber wie er mit anderen Menschen, ja sogar mit der Mutter, umgeht, ich möchte ihm am liebsten eine reinhauen.

Hier ist er ja direkt mal ehrlich mit sich selbst:

Ich hatte schon immer weggehen oder alles verändern wollen, und schon immer hatte ich mir vorzustellen versucht, wie das wohl wäre, wenn alles anders wäre. Aber was ich hätte tun können, damit sich etwas änderte, wusste ich nicht.

- Seite 17

Andererseits lässt er sich ja auch von niemandem was sagen oder erklären. Er weiß ja eh alles besser.

Unverzeihlich für mich diese Sätze an die Mutter, als sie ein Fremdwort nicht versteht, mit denen er großspurig um sich wirft:

Ach, vergiss es. Es hat keinen Zweck, mit Bauerntrampeln, Dorftrotteln und Schwachköpfen zu reden. Ein vernünftiger Mann übt Zurückhaltung bei der Auswahl seiner Zuhörer.

- Seite 18

Bei vier Teilen hätte ich ja gedacht, dass er irgendeine Entwicklung durchmacht. Da scheine ich mich aber verrechnet zu haben.


Bei Adressat unbekannt von Kressmann Taylor hatte ich mich geärgert, dass es ein Vorwort von Elke Heidenreich gab. Sie hatte zu viel vom Inhalt vorweggenommen.

Vielleicht hätte es mir bei diesem Buch geholfen, wenn ich das Nachwort von Alex Capus vorher gelesen hätte. Vielleicht wäre ich anders an das Buch herangegangen. Und vielleicht wäre es besser gewesen, die anderen Teile vorab nicht lesen zu wollen.
So konnte ich diesem Buch - abgesehen von dem guten Schreibstil Fantes - nichts Positives abgewinnen.
Lesende Grüße, Anne

Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf
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