Verghese, Abraham: Rückkehr nach Missing

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Verghese, Abraham: Rückkehr nach Missing

Beitragvon Petra » Mi 9. Mär 2011, 12:32

Verghese, Abraham
Rückkehr nach Missing

Bild

Kategorie: Gekürzte Lesung
Genre: Erzählung / Unterhaltung
SprecherInnen: Stephan Benson
Regie: /
Medium: 8 CDs
Laufzeit: ca. 638 Minuten
Verlag: Random House Audio
Preis: 29,95 €
ISBN: 978-3837101775
Bewertung: 9 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt:

Äthiopien in den sechziger Jahren: Marion und Shiva Stone, eineiige Zwillingsbrüder, wachsen als Waisenkinder in einem Missionshospital in Addis Abeba auf, der Kaiserstadt Haile Selassies. Ihre Mutter, eine schöne indische Nonne, starb bei ihrer Geburt, ihr Vater, ein britischer Chirurg, verschwand spurlos. Marion und Shiva sind unzertrennlich, und sie verbindet die Faszination für die Medizin, doch als sie zu jungen Männern heranwachsen, treibt die Liebe - ihre Leidenschaft für dieselbe Frau - einen Keil zwischen die beiden. Marion muß aus seinem von politischen Unruhen geschüttelten Heimatland fliehen, kommt nach Amerika und geht in seiner Arbeit in einem New Yorker Krankenhaus auf. Doch dann holt ihn die Vergangenheit ein, und er muß sein Leben ausgerechnet in die Hände der beiden Männer legen, denen er am wenigsten vertraut: seinem Vater, der ihn im Stich gelassen, und seinem Bruder, der ihn betrogen hat.

Meine Meinung:

Wer die Geduld hat, über 840 Seiten dem Leben der Menschen im Missing Hospital zu folgen, dem sei das Buch nahegelegt. Diese pralle Geschichte, die Abraham Verghese so ausgesprochen liebevolle erzählt, wird ganz gewiss nicht langweilen. Wer diese Geduld nicht aufbringen kann (mir ging es so), der findet im Hörbuch einen schönen Kompromiss.

Kompromiss deshalb, weil die Lesung die Geduld nicht so strapaziert wie das vor Details und Nebenhandlung strotzende Buch, gleichzeitig aber durch die Kürzungen eben genau diese zahlreichen liebevollen Nebenhandlungen und Ausschmückungen teils wegfallen. Es bleibt immer noch eine opulente Geschichte. Doch stellenweise merkt man, dass Teile fehlen. Allzu abrupt geht es, gerade in den späteren Kaptiteln, von einem Abschnitt in Marions Leben in den nächsten. Da bedauert man schon, dass man nicht die ganze Geschichte bekommen hat. Ein Kompromiss bleibt die Lesung also.

Aber für mich ein guter. Denn mir hätte es letztlich an der Geduld für das Buch doch gefehlt. Bei aller Liebe mit der Abraham Verghese seine Figuren beschreibt, und mit aller Liebe mit der er diese Geschichte erzählt, walzt er die Szenen auch sehr aus. Er genießt sie selbst so sehr, dass er gern in ihnen verharrt (nicht auf langweilige Art, aber die Geschichte tritt somit schon mal auf der Stelle). Das soll so, das gehört so, denn er erzählt das alles wirklich ganz toll! Aber es bedarf einiger Geduld.

Wäre dieser Roman nicht ein reiner Unterhaltungsroman, wäre das für mich vielleicht so in Ordnung gewesen. Aber eine Strecke von über 800 Seiten zur reinen Unterhaltung, ist mir persönlich zu lang. Wem es mit so etwas anders geht, dem möchte ich das Buch empfehlen. Denn in der Lesung geht allzu viel verloren. All die liebevollen Details, die einem beim Lesen das Herz übergehen lassen.

Die Stellen, die im Hörbuch erhalten geblieben sind, haben jedoch denselben Effekt: Manchmal geht einem das Herz einfach über, so ergreifend sind Vergheses Figuren und ihre Geschichte. Und das verdankt das Hörbuch dem Sprecher. Stephan Benson findet genau den richtigen Ton. Er findet präzise seinen Einsatz, sowohl bei den humorvollen Szenen, als auch bei den ernsten, ergreifenden Stellen. Außerdem spricht er sehr gefühlvoll, aber nie gefühlsduselig. Ebenso hat es Abraham Verghese in seinem Roman angelegt. Es ist ein großer Hörspaß und eine immer noch pralle Geschichte! Wer das Ganze möchte, sollte dennoch lieber zum Buch greifen. Denn man könnte am Ende bedauern, nicht alles bekommen zu haben, was Verghese angeboten hat.

Eine Anmerkung noch: Abraham Verghese ist selbst indischer Herkunft, aber in Äthiopien aufgewachsen – wie seine Hauptfiguren auch. Er ist auch selber Arzt. Zwar hat dieser Roman keine autobiografischen Züge, aber man merkt, dass Verghese weiß, wovon er erzählt. Und das gelingt ihm in den Szenen, in denen es um Äthiopien geht ebenso gut, wie an den Stellen, in denen medizinisches Wissen gefragt ist. Aber nie, nie ist die Erzählung trocken. Verghese hat sein ganzes Herz in diesen Roman gelegt, und es schlägt auf jeder Seite (auch im Hörbuch ist dies zu vernehmen).

Eine große Stärke ist sein Talent Charaktere zu erschaffen. Ich habe mit den Hauptfiguren des Romans sehr stark mitgefühlt. Und eine Lieblingsfigur habe ich auch: Gosh. Aber wer das ist, und was ihn für mich besonders macht, sollte jeder selbst herausfinden. Denn werde ich mir auch nicht einig, ob das Buch oder das Hörbuch besser geeignet ist, so bin ich mir über eines ganz sicher: Diese Geschichte ist so schön, dass ich sie nicht missen möchte. Auch wenn die Fügungen, die die einzelnen Schicksale am Schluss wieder miteinander verbinden, ein wenig zu dick aufgetragen sind. Bei der Opulenz des Romanes wäre es anders herum aber auch nicht stimmig. Somit alles gut so wie es ist.

Fast volle Punktzahl. Abzug gibt es nur für die doch stellenweise enormen Kürzungen. (Petra)

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Liebe Grüße,
Petra


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