steffi hat geschrieben: Ich finde auch, dass die Charaktere, obwohl genau beschrieben, doch nicht so richtig zu fassen sind. Ich denke aber, da sie alle noch auf der Suche nach sich selbst bzw. ihrem Lebensentwurf sind, passt das ganz gut. Was mir ein bißchen fehlt und ich glaube, dass es eben daran liegt, dass es ihr zweiter Roman ist, ist, die einzelnen Kapitel in einen Zusammenhang zu bringen. Klar, es gibt die zeitliche Reihenfolge, aber eine passende Verbindung ist nicht da. Ich denke da an Mrs. Dalloway, wie VW da dieses verbindende Band geschaffen hat, das ist einzigartig.
noch ein paar Gedanken dazu.
V.W. schrieb neben "Nacht und Tag" zeitgleich an "Kew Gardens", ihre erste experiementielle Kurzprosa, und beide wurden im selben Jahr publiziert. Das Schreiben ist ihr in der Zeit erstaunlich gut von der Hand gegangen. Ihre späteren Romane sind in ihrer Moderne und dem experiementiellen Stil schon einzigartig und Mrs. Dalloway eine ihrer stärksten Heldinnen, wie ich finde. Obwohl ich am liebsten Mrs Ramsey und Lily Briscoe mag. Ich bin am überlegen, ob ich in diesem Jahr nicht weiter mit V.Ws Romanen mache, in der Reihenfolge, wie sie erschienen sind um ihre Entwicklung nochmals zu erleben.
Ich bin überrascht, wie gut mir auch ihr konventioneller Stil gefällt. Ihr Spiel mit Jane Austen (Marriage Plot), Charlotte Bronte (Leidenschaft) und Henry James (Tragödie) mit ihrem ganz persönlichen Beobachtungsstil zum Detail zu kombinieren, daraus entstand eine tolle Kombination, die mir sehr zusagt.
Wenn Ralph laut den Namen der abwesenden "Katharine, Katharine" ruft, als ob er sie heraufbeschwören will, ist das große Leidenschaft, wenn Katherine ermüdet und resigniert wirkt, nach dem doch nutzlosen Kampf um mehr Eigenständigkeit und den Konventionen nachgibt, ist das im Grunde eine Tragödie a la Henry James. Dass V.W. allerdings neben ihrer Detailfreude, die Gefühle mehrerer Beteiligten, also nicht nur der von Katharine, beschreibt, weicht ab vom damaligen Stil und es schimmert schon eine gewisse Ironie durch, wenn man über Rodneys Tränen liest, oder über die komplizierten Gefühle von Ralph erfährt.
Ich bin fasziniert !
Das bisher längste Kapitel war das Kapitel XVIII. Darin spürt man Katharines Resignation sehr deutlich:
Sie wollte niemanden heiraten. Sie wollte sich ganz allein irgendwo niederlassen, am besten in einem öden Moor im Norden, um dort Mathematik und Astronomie zu studieren......
....Ein pessimistischer Augenblick, ein plötzliches Überzeugtsein von der nicht zu leugnenden Nüchternheit des Lebens, das Einstürzen jener Illusion, die die Jugend zwischen Himmel und Erde schweben läßt, ein verzweifelter Versuch, sich mit den Tatsachen abzufinden - sie konnte sich nur an einen Augenblick erinnern, wie das Erwachen aus einem Traum, der ihr jetzt als ein Augenblick der Kapitulation erschien.Mit der Zeit merke ich, dass ich Mary und Ralph sympatischer finde als Katharine und Rodney . Vielleicht, weil beide irgendwie bodenständiger wirken, schon Ideale haben und tatkräftiger wirken ?
Sie könnten den Tag verkörpern, während Katharine und Rodney vielleicht die Nacht sind (jedenfalls passt Astronomie und Poesie besser in die Abendstunden )
ein sehr guter Gedanke !
Ich komme zu Kapitel XIX.