von Petra » Mi 7. Mär 2012, 15:35
Hallo zusammen,
gestern war es dann soweit. Ich war bereit für ein neues Buch, und habe die zur Zeit reizvollsten um mich herum aufgebaut. Das war seelischer Stress – ich hätte am liebsten alle gleichzeitig lesen wollen. Was für schöne Bücher ich noch vor mir habe – das ist ein schönes Gefühl!
Entschieden habe ich mich aber erst mal für einen Krimi, da mir die letzten Monate nicht mehr allzu oft der Sinn danach steht. Da nutze ich dann immer gern die Zeiten, in denen ein Krimi in der engeren Auswahl ist, um wirklich einen zu lesen. Denn ich habe noch einige auf dem SUB, die ich schon gern lesen möchte. Die anderen Bücher habe ich aber schweren Herzens zurück ins Regal gestellt.
Geworden ist es nun “Wahrheit“ von Peter Temple. Seit der Krimi letztes Jahr erschienen ist, und ich durch die KrimiZEIT-Bestenliste („Wahrheit“ war auf Platz 1) darauf aufmerksam wurde, will ich ihn lesen. Neugierig hat mich auch gemacht, dass „Wahrheit“ der erste Krimi ist, der mit dem Preis wichtigsten australischen Literaturpreis, den Miles Franklin Award, ausgezeichnet wurde. Das ist doch wirklich vielversprechend.
Tobias Gohlis (Jury-Vorsitzender der KrimiZeit-Bestenliste) schreibt in seiner Rezension: „Temple lässt seinen Lesern wie seinen Protagonisten keinen Raum zum Innehalten. Seine Prosa wirkt, als sei sie im Laufen diktiert, atemlos, nur das Wichtigste festgehalten, Sätze ohne Anfang und Ende, Kopfnotizen eines Todesermittlers, dessen Tag und Nacht nur von Essen, Schlafen und Anrufen strukturiert werden. Anrufen zu Leichenfundorten. Dem Leser wird vom ersten Satz an detektivische Aufmerksamkeit abverlangt, für Namen, Zusammenhänge, für die Bedeutung von Bemerkungen. Nichts ist Metapher oder Symbol, alles ist Fakt.“
Ich habe die ersten Seiten gelesen, und weiß bereits was er meint. Ja, das Buch fordert die volle Aufmerksamkeit des Lesers. Namen, Bemerkungen und Zusammenhänge kann man sich aus den kargen Infos erklären. Aber das muss man auch tun. Sonst versteht man Teile der Handlung nicht. Das ist eigenwillig aber auch faszinierend gemacht. Es baut sich eine kalte Atmosphäre auf. Villani (der Ermittler) hält sich nicht mit taktvollem Drumherumgerede auf. Er braucht Infos, und zwar schnell. Darin ist er geübt, und kompromisslos. Die Szenen wirken dadurch rasant, teils sogar abgehackt. Sind sie bei näherer Betrachtung aber nicht, man muss sich nur auf die Sätze konzentrieren, um folgen zu können.
Mir gefällt der ungewöhnliche und eigene Stil. Das Buch soll die Realität einfangen, und ich denke, das könnte gelingen. Auch soll sich der Roman nicht auf den Krimi beschränken, sondern vor allem auch den Alltag und das Privatleben des Ermittlers beleuchten, das alles andere als harmonisch ist.
Ich freue mich aufs weiterlesen, und werde berichten.
@Didonia: In „Fahrenheit 451“ gehst Du richtig auf – das liest man aus Deinem Bericht heraus, den ich sehr interessant finde. Besonders gefallen hat mir Deine Entdeckung mit dem Wortspiel. Interessant!
Montags Frau, an die erinnere ich mich auch noch sehr gut. Wie abgestumpft sie bereits ist, und wie ängstlich, an ihrem passiven Leben etwas zu ändern. Auf Deinen weiteren Bericht bin ich schon gespannt. So kann ich die Geschichte noch mal erleben. Interessant übrigens auch, was Du über die Entstehung des Romans herausgefunden hast. Wusste ich gar nicht.
@Trixie: Das überrascht mich aber auch, dass diese doch recht brutalen Thriller-Elemente in diesem Krimi-Klassiker zu finden sind. Hätte ich auch nicht vermutet. Umso interessanter, davon zu erfahren. Schön, dass der Krimi Dich trotzdem fesselt, und nun auf einen Landsitz verlagert zu werden scheint. Das passt dann sicher eher in Deine Richtung.
@Shaftoe: Ich habe mich sehr über Deinen Beitrag gefreut! Schön, von Dir wieder zu hören. Und dann direkt wieder mit solch aufregendem Lesestoff. Was Du zu „Parallelgeschichten“ sagen wirst, darauf war ich ja schon sehr gespannt. Auch würde mich im weiteren Verlauf interessieren, ob er es schafft das Interesse durchweg über die über 1.500 Seiten zu halten. Das reinlesen hatte mir ja auch sehr gut gefallen. So gut, dass ich fast damit zur Kasse gestiefelt wäre. Aber ich wollte doch erst Meinungen hier aus dem Forum abwarten.
Stimmt, Sex-Szenen – zumal wenn sie so gehäuft vorkommen, wie in diesem Roman, wenn man die Kritiken verfolgt – können manch einen abstoßen. Nicht jeder Leser braucht davon so viel in einem Roman, und dann auch noch im Detail. Mich schreckt das nicht, es sei denn, es treibt die Handlung nicht auch irgendwie voran. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, will Nádas durch die Körperlichkeit etwas zum Ausdruck bringen. Berichte bitte unbedingt weiter, ja? Auch über Deine Eindrücke später zu „Buch der Erinnerung“ halte uns auf dem Laufenden.
Zu William Boyd kann ich vielleicht irgendwann auch was beisteuern. Ich habe von ihm „Ruhelos“, allerdings als Hörbuch. Es scheint mir ausgesprochen interessant zu sein. Aber das schien Dir auch bei „Eine große Zeit“ so. Mal sehen. Danke jedenfalls für die Vorwarnung. Ich weiß was Du meinst. Es gibt Bücher, die sind nicht gerade schlecht. Aber wenn man sie gelesen hat, stellt sich eben das von Dir genannte Gefühl ein: Hätte man das Buch nicht gelesen, hätte man auch nichts verpasst. Das reicht mir auch schon länger nicht mehr.
John Banville hingegen hat Dich begeistert, wie ich lese. Den Autor möchte ich auch schon ganz lange ausprobieren. „Der Unberührbare“ subt schon ewig bei mir, seit Rachel ihn mir vor Jahren so sehr ans Herz gelegt hat. Freut mich, das sein neuer Roman für Dich ein Volltreffer war.