von Trixie » Do 20. Jan 2022, 17:42
Petra, der Asensi wird noch etwas aufgeschoben, denn ich habe jetzt doch noch etwas anderes dazwischengeschoben, nicht gerade kurz, aber was ebenfalls schon eine Weile bei mir im SUB war:
Mignon G. Eberhart: House of Storm, deutsche Ausgabe: Die unheimliche Insel
Ich kenne die Autorin ja schon durch ihre Krimis um Krankenschwester Sarah Keate. Dieses Buch ist ein Einzeltitel und geht, soweit ich nach der Inhaltsangabe und einem ersten gelesenen Kapitel urteilen kann, mehr in Richtung "Gothic" als Krimi. Die Handlung ist in die späten 1940er Jahre und auf eine kleine Insel in der Karibik versetzt und dreht sich um die junge Erbin Nonie Hovendon, die nach dem Tod ihres Vaters von Roy Beadon, einem seiner Freunde, und dessen Schwester auf ihre Zuckerrohrplantage eingeladen wird. Bald macht Roy Nonie einen Heiratsantrag, den sie annimmt. Die Hochzeit steht kurz bevor, doch langsam bemerkt Nonie, dass weder auf der Insel noch innerhalb des überschaubaren Kreises der Bewohner, mit denen die Beadons gesellschaftlich verkehren, alles so paradiesisch ist, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Schon das alte koloniale Haus lässt in Nonie ein Gefühl von Beklemmung und Bedrohung aufkommen, es scheint zu "lauschen", was geschieht. Während draußen die Sonne scheint, tropische Wärme herrscht, üppige Vegetation das Anwesen umgibt und exotische Vögel sich hören lassen, werden im Haus die Fensterläden gegen die Mittagshitze geschlossen und die Bewohner ziehen sich, jeder für sich,für lange Stunden in die schattigen, stillen Räume zurück. Kein Geräusch ist zu vernehmen, so sehr sich Nonie fast schon wünscht, eines zu hören. Das Haus "lauscht", und man ahnt wie Nonie, dass "etwas in der Luft liegt".
Ganz großartig, wie Mignon G. Eberhart schon in dem ersten Kapitel diese Atmosphäre dem Leser vermitteln kann. Ich fühlte mich beim Lesen ohne Anstrengung mitten in diese Kulisse hinein versetzt und bin sehr erwartungsvoll, was sich tun wird.
Aus Neugier habe ich dieses erste Kapitel auch in der Leseprobe der deutschen Ausgabe gelesen und fand sie ganz gut. Nur einige Kleinigkeiten sind mir aufgefallen, die zwar vom Original nicht gravierend abweichen, aber mich dann doch etwas ärgern. Man hat für die aktuelle Veröffentlichung des Titels beim Fischer-Verlag vermutlich die Übersetzung von der Erstveröffentlichung von 1953 genommen, dagegen spricht auch zunächst überhaupt nichts, obwohl man an der Sprache gelegentlich schon das Alter der Übersetzung bemerkt. Man hätte auf jeden Fall, finde ich, die Übersetzung noch einmal durchgehen, Fehler ausbessern und das eine oder andere aktualisieren müssen. Manche Abweichungen sind für mich auch gar nicht zu erklären: So werden aus den "green tiles" (grüne Fliesen) beim Fußboden in Nonies Zimmer in der Übersetzung "grüne Ziegelsteine", statt "slacks", also Hosen, trägt Nonie einen Rock. Und während im Original die feucht-heißen Tropen Messingverzierungen und Spiegeln ihren Glanz nehmen, lassen sie in der Übersetzung den Putz von den Wänden bröckeln. Ja, das sind alles nur Kleinigkeiten, aber dennoch unnötig und stellenweise auch verfälschend.
Dennoch - die Atmosphäre und der Schreibstil kommen auch in der Übersetzung gut genug rüber, sodass -bis zu diesem Punkt jedenfalls- nichts dagegen spricht, sie auch auf Deutsch zu lesen.
Ich lese gerade:
Laura Childs: Dragonwell DeadViel lesen und nicht durchschauen ist viel essen und nicht verdauen.Rätselforum
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