Sie sind Deutsche und schreiben Geschichten,
die in England spielen. Weshalb dann diesen französisch anmutenden Namen?
Rebecca Michéle: Nun, das ist
eigentlich nur Zufall. Als mein erster Roman (Das Erbe der Lady Marian)
angenommen wurde, lautete mein Nachname tatsächlich Michéle. Der Name
kommt jedoch nicht aus dem französischem, sondern aus der Tschechei, da mein
Ex-Schwiegervater aus Prag stammt. Mein Vorname lautet Ursula, bzw. Uschi. Der
Verlag fand, dass ich mir einen englischen Vornamen zulegen sollte. Seit dem
Buch und der wundervollen Verfilmung Rebecca (von Daphne du Maurier)
gefiel mit der Name seit Jahren sehr gut. Zwischenzeitlich habe ich jedoch
erneut geheiratet. Ich habe den Namen meines Mannes angenommen (Schreiber - wie
passend!), so dass Rebecca Michéle nunmehr ein vollständiges Pseudonym
geworden ist.
Ihre Bücher handeln oft von Adoption und
unehelichen Kindern. Weshalb greifen Sie gern auf diesen Stoff zurück und was
fasziniert Sie daran?
Rebecca Michéle: Also
ehrlich, es ist mir bisher nicht aufgefallen, dass ich das Thema bevorzuge... Da
meine Romane jedoch alle in vergangenen Zeiten spielen, dazu noch im - heute
noch - recht prüden England, erleben diese Kinder aufregende Dinge. Uneheliche
Kinder waren eine Schande und mussten um ihre Stellung im Leben mehr kämpfen
als andere. So ergeben sich hier natürlich weit mehr Geschichten. Aber es sei
verraten, dass in meinem neusten Roman Kapriolen des Schicksals eine
Protagonistin und die weiteren Hauptpersonen alle aus ganz normalen Ehen
stammen.
Sie lesen gern Romane von Victoria Holt und freuen sich, wenn man Ihre Romane
mit den Büchern von Victoria Holt vergleicht. Welches Buch von Victoria Holt
haben Sie ganz besonders gern gelesen?
Rebecca Michéle: Diese Frage
ist sehr schwer zu beantworten, da ich bisher über achtzig Romane (in deutscher
und englischer Sprache) von V. Holt gelesen habe. Bis auf wenige Ausnahmen haben
sie mir alle sehr gut gefallen. Müsste ich eines favorisieren, so wohl Im
Schatten der Krone. Es ist die in Romanform erzählte Biographie von Anna
Boleyn, der zweiten Frau von König Heinrich VIII. die auf dem Schafott endete.
Von allen historischen Personen fasziniert mich Anne Boleyn an meisten.
Dass Ihnen daran gelegen ist, dem Leser in Ihren Romanen einen geschichtlichen
Hintergrund auf unterhaltsame Weise näher zu bringen, ist bekannt. Ihre Romane
lassen sich aber auch im Genre des Romantik-Thriller unterbringen. Dieses Genre
gilt ja leider als ein wenig überholt. Wieso halten Sie dennoch genau daran
fest? Was fasziniert Sie an diesen Elementen?
Rebecca Michéle: Ich schreibe
über das, was mir ein Bedürfnis ist. Und nicht, ob es gerade in Mode ist oder
nicht. Da ich selbst seit meinem zwölften Lebensjahr von Victoria Holt
gefesselt war, möchte ich gerne genau das erreichen, was V.H. bei mir erreicht
hat: Informationen über Geschichte und historische Ereignisse zu erhalten,
verpackt in einer fesselnden Story. Geheimnisse, Intrigen und auch kriminelle
Machenschaften, wie z.B. Mord, runden meines Erachtens eine Liebesgeschichte gut
ab.
Sie haben auch schon zwei zeitgenössische Romane geschrieben, wie Sie in einem
anderen Interview verraten hatten, aber noch keinen Verlag gefunden, der diese
veröffentlichen möchte. Gibt es da inzwischen Neues zu berichten?
Rebecca Michéle: Der eine
Roman mit dem Arbeitstitel Phillip ist leider etwas zu kurz für ein
Buch. Für einen Heftroman eignet er sich auch nicht, da die Handlung
abwechselnd in Cornwall (England) und in München spielt. Die Geschichte ist im
Stil der Rosamunde Pilcher Romane geschrieben und ich könnte mir sehr gut eine
Verfilmung vorstellen. Derzeit ruht das Manuskript in der Schublade. Ich denke
daran, die Geschichte als Drehbuch zu schreiben, hatte aber bisher noch keine
Zeit dazu.
Der zweite Roman (In deinen Augen) habe
ich bisher nur Isolde Wehr vom Momentsclub angeboten. Er eignet sich jedoch
nicht für das Verlagsprogramm, da die Geschichte kein Happyend hat. Überhaupt
ist dieser Roman sehr, sehr autobiographisch, d.h. nur das letzte Viertel ist
Phantasie, der Rest wahre Erlebnisse meinerseits. Wahrscheinlich werde ich das
Manuskript keinem weiterem Verlag anbieten.
Können Sie sich vorstellen auch mal einen Krimi zu schreiben?
Rebecca Michéle: Neben meiner
Arbeit an den Büchern schreibe ich regelmäßig Kurzgeschichten und auch
Krimis. Über eine Agentur werden diese in verschiedenen Zeitschriften
abgedruckt. Ich denke aber nicht, dass ich ein komplettes Buch im Stil eines
klassischen Krimis schreiben werde. Ich bleibe lieber bei kriminalistischen
Aspekten in historischen Romanen.
Ihr neues Buch "Kapriolen des Schicksals" erscheint gerade im
Momentsclub als Premiere. Wie ist der Kontakt zum Momentsclub zustande gekommen?
Rebecca Michéle: Zur
Beantwortung dieser Frage muss ich etwas ausholen:
Im Sommer 2000 erhielt ich Internetanschluss.
Bereits nach zwei Tagen surfen stieß ich aus Zufall auf die Website Die
romantische Bücherecke von Isolde Wehr. Ich setzte mich per Mail mit ihr in
Verbindung und so entstand ein reger Kontakt, der mit einem persönlichem
Kennenlernen auf der Frankfurter Buchmesse 2000 gekrönt wurde. Damals war
Isolde noch nicht beim Momentsclub, bzw. den Club gab es noch gar nicht. Freudig
überrascht erhielt ich im Januar dieses Jahres eine Mail von ihr, in der sie
mir über Moments berichtete und fragte, ob ich gerade ein Manuskript hätte.
Tatsächlich war Kapriolen des Schicksals eben fertig gestellt worden. So
schickte ich es ihr und war sehr glücklich, dass es spontan ins Verlagsprogramm
aufgenommen wurde.
Sind Sie als Autorin glücklich über Buchclubs und welche Vorteile sehen Sie
z.B. im Momentsclub für die
Mitglieder?
Rebecca Michéle: Persönlich
bin ich selbst seit 20 Jahren Mitglied im Bertelsmann-Club. Ich hatte noch nie
Schwierigkeiten, etwas Passendes für mich zu finden. Meines Erachtens liegt der
große Vorteil von Buchclubs darin, dass man den Katalog nach Hause gesandt
bekommt und stets über alle Neuerscheinungen informiert wird. Wer hat denn
heute noch die Zeit, Stunden in Buchläden zum Stöbern zu verbringen? Ich
leider nicht. Für mich als Autorin sehe ich speziell im Momentsclub den
Vorteil, dass genau die Zielgruppe der LeserInnen angesprochen wird, für die
ich auch schreibe. Dieser Buchclub hat etwas gewagt, wovor manche andere zurückschrecken:
Er bietet gezielt Liebesromane an! Hier in Deutschland herrscht doch das
Klischee, dass Liebesromane mit den „Heftromänchen" (ohne den Wert
dieser Art der Literatur schmälern zu wollen!) gleichgesetzt wird. Was findet
sich denn auf Deutschen Beststellerlisten? Entweder staubtrockene politische
Literatur, ernste Themen oder - wenn Unterhaltung - dann Romane über
hyperemanzipierte Super-Power-Frauen, die alle Männer mit Links in die Tasche
stecken. Ich denke aber, dass die Art von Literatur, die bereits schon Hedwig
Courths-Mahler oder Jane Austen geschrieben haben, auch heute noch einen breiten
Leserkreis findet. Natürlich sind die heutigen Romane lebendiger und sind in
einer modernen Weise geschrieben. Erfreuen sich denn nicht auch Rosamunde
Pilcher-Romane großer Beliebtheit?
Gibt es schon Pläne für ein neues Buch? Können Sie uns schon etwas veraten?
Rebecca Michéle: Ja sicher!
Mein neues Buch wird in ca. 2-3 Monaten fertig gestellt sein. Der Arbeitstitel
lautet: Das Flüstern der Wände. Es wird jedoch diesmal vom Aufbau stark
von den anderen abweichen, aber keine Angst - Liebe, Romantik, Spannung und
Geschichte bleibt auch in diesem Werk erhalten! Es sei soviel verraten, dass der
Roman wieder in Cornwall spielt, diesmal allerdings über einen Zeitraum von über
2000 Jahren.
Sie betreiben auch eine private Homepage.
Was halten Sie generell vom Internet und den neuen Medien?
Rebecca Michéle: Ich denke,
dass man heutzutage - egal in welchem Beruf man tätig ist - ohne Computer und
Internet nicht auskommen kann. Es ist unmöglich, die gleiche Anzahl von
Informationen, die man übers Internet erhält, sich anderweitig zu besorgen.
Ebenso kann man, gerade durch eine eigene Homepage, eine breite Werbung
betreiben. Nur lesen, dass kann ich mir am Bildschirm nicht vorstellen! Da
bevorzuge ich doch ein Buch in der Hand. Ich lese auch nie Korrektur direkt am
Computer, sondern immer am Ausdruck.
Neben England lieben Sie auch noch Irland sehr. Welche Orte reizen Sie noch in
der Welt kennenzulernen?
Rebecca Michéle: Tja, wenn
man bedenkt, dass ich seit vierzehn Jahren erst einmal einen Urlaub nicht auf
den britischen Inseln verbracht habe, ist es klar, dass ich eigentlich immer nur
nach Großbritannien reisen möchte. Letztes Jahr bestand mein Mann auf eine
Hochzeitsreise in wärmere Gegenden, so machten wir eine Mittelmeerkreuzfahrt
auf dem Clubschiff AIDA. Ich muss zugeben, dass es eine einzige Traumreise war!
Eine Kreuzfahrt möchte ich auf jeden Fall wieder machen. An Ländern gibt es
eigentlich nur Indien, was mich wirklich interessieren würde. Hier ist ja die
Verbindung zu England wieder da. Aber auf Grund der politischen Situation werde
ich wohl kaum in naher Zukunft dorthin reisen. Generell fliege ich auch nicht
sehr gerne, besonders nicht über mehrere Stunden. In naher Zukunft werde ich
auf jeden Fall nach Wales reisen, da ich dort noch nie war. Obwohl ich Sonne und
Wärme sehr mag, ist es für mich nicht ausschlaggebend, einen sogenannten
„Sonnenurlaub" zu verbringen. Am liebsten bin ich in Ländern, deren
Sprache ich verstehe, mich auch selbst verständigen kann und ich viel über die
Kultur und Geschichte erfahren kann.
Sie sind in England auch gelegentlich als Fremdenführerin tätig. Bringen Sie
dabei auch viele Ihrer historischen Kenntnisse unter? Und wo kann man eine
solche Führung buchen?
Rebecca Michéle: Ich habe
bisher einige Studienreisen für die Volkshochschule in Kirchheim/Teck nach
Cornwall, Schottland und Irland organisiert und geleitet. Das Klientel der
Reisenden ist sehr an der Geschichte, Kunst und Kultur interessiert, was mir natürlich
sehr entgegenkommt. Leider ist in nächster Zeit keine weitere Reise über die
VHS - bedingt durch den hohen britischen Pfundkurs - geplant.
Ich könnte mir vorstellen, dass es da sehr viel Zulauf gibt bei Ihren Führungen.
Ich für meinen Teil würde jedenfalls gern Sie als Fremdenführerin haben, da
ich Ihnen aufgrund Ihrer Romane schon zutraue, dass Sie die geschichtlichen
Hintergründe besonders gut herüberbringen können. Wie groß ist der Zulauf
tatsächlich?
Rebecca Michéle: Die Reisen
über die VHS waren bisher alle ausgebucht. Bei einer Cornwallreise mussten wir
sogar 12 Personen auf eine Warteliste setzen! Wie bereits erwähnt, werden keine
weiteren Reisen angeboten, obwohl ich überzeugt bin, dass die Leute durchaus
bereit wären, den Preis für eine solche Studienreise zu bezahlen.
Hierzu möchte ich noch kurz eine interessante
Geschichte erzählen:
Cornwall ist sicher der Landstrich, in dem ich
mich am besten auskenne. Bei der letzten Reise hatten wir einen Busfahrer, der
seit siebzehn Jahren in Cornwall lebt und arbeitet. Nach zwei Tagen gab er es
seufzend auf, mich auf Besonderheiten, Geschichten oder historische Ereignisse
der Gegend hinzuweisen, weil ich jedesmal nur sagte: „Ja, ich weiß!".
Nach weiteren zwei Tagen meine er: „Du schickst mich mit dem Bus in Gegenden
und über Straßen, die ich selbst nicht kenne!"
Es ist mir sehr wichtig, bei einer Reise den
Leuten viel über Land und Leute, Kultur und Geschichte zu erzählen. Bisher
erhielt ich auch nur positive Reaktionen.
Sie hatten auch mal ins Auge gefasst Reiseführer und Reiseberichte über
England und speziell über ihre Lieblings-Gegend Cornwall zu schreiben. Sind
diese Pläne inzwischen schon konkreter?
Rebecca Michéle: Nein, leider
nicht. Nach Fertigstellung von Kapriolen des Schicksals begann ich
sofort, mein neues Buch zu schreiben. Dazwischen noch die bereits erwähnten
Kurzgeschichten- und Krimis. Die Pläne sind aber immer noch da. Ich habe viele
sehr gute Dias, da mein Mann und ich Hobbyfotografen sind.
Sie mögen gern Musik und Musicals. Welches Musical könnten Sie sich immer
wieder anschauen und was fasziniert Sie so daran? Eher die Musik, die Darbietung
und tänzerische Leistung, die Kostüme, die Geschichte oder alles zusammen? Und
welches Musical war für Sie persönlich eine Enttäuschung und warum?
Rebecca Michéle: Mein
Lieblingsmusical der neueren Art ist eindeutig Miss Saigon. Ich habe es
vier Mal in Stuttgart (wo ich ja ganz in der Nähe wohne) gesehen, und ein Mal
in London. Bei diesem Musical gefällt mir eigentlich alles: Das Thema, die
Charaktere, die Handlung und ganz besonders die Musik. Von den „älteren"
Musicals kann ich My Fair Lady immer und immer wieder sehen. Hier kann
ich jede Strophe der Lieder auswendig. Besonders gefällt mir die
Brodway-Inzisnierung mit Rex Harrison und Audrey Hepburn.
Eine Enttäuschung war vielleicht Tanz der
Vampire. Da ich den Film von Roman Polanski bereits mehrmals gesehen habe,
konnte ich der Handlung gut folgen. Ansonsten fand ich, dass es ein wenig
verwirrend war. Auch die Musik hat mich jetzt nicht gerade begeistert. Obwohl es
noch in Suttgart läuft, werde ich es mir kein zweites Mal ansehen.
Da Sie eine begeisterte und erfolgreiche Tuniertänzerin sind, stellt sich
unweigerlich die Frage, ob sie dieses Thema auch einmal in ihren Romanen
verwenden werden?
Rebecca Michéle: Ich denke
nicht. Der Tanzsport gehört seit achtzehn Jahren zu meinem Leben, seit zwölf
Jahren bin ich selbst Trainerin, es ist also ein Teil meines Berufes. Da bleibt
kein Spielraum mehr für Fantasie Zudem denke ich nicht, dass es für Personen,
die mit dem Sport nichts zu tun haben, interessant wäre. Das ganze System im
Turniertanzsport ist so weitläufig und verwirrend, dass man schon selbst dabei
sein muss, um es zu verstehen. Ich erinnere mich jedoch, einmal einen
Skandinavischen Krimi gesehen zu haben, der in dem Milieu spielte. Da wurde die
schärfste Konkurrentin von der anderen umgebracht. Manchmal wären wir Tänzer
dazu auch wirklich in der Lage...
Sie sind im Mai 2003 auf der ersten deutschen Booklover
Converence. Fans können Ihnen dort die Hand schütteln, mit Ihnen sprechen
und sich sogar ein wenig im Walzertanz von Ihnen unterrichten lassen. Für wie
wichtig erachten Sie solche Veranstaltungen, die ja leider in Deutschland in der
Buchwelt sehr selten zu finden sind?
Rebecca Michéle: Ich finde es
von Isolde Wehr und Angela Weiß (und allen anderen, die daran beteiligt sind!)
eine ganz enorme und tolle Leistung, dass sie diese Veranstaltung, die sich seit
Jahren in der USA großer Beliebtheit erfreut, nach Deutschland geholt haben! Es
ist sehr wichtig, persönlichen Kontakt zu den Autoren zu haben, dass man nicht
nur ein Name auf dem Cover eines Buches bleibt. Ich selbst interessiere mich
sehr für den/die AutorIn eines Romans, der mir gut gefallen hat. Auf der
Veranstaltung wird auch eine Lanze für den Liebesroman in Deutschland
gebrochen. Hier sind wir wieder bei der Modefrage und bei meinen Ausführungen
bei der Frage zum Momentsclub. Ich finde, dass man sich nicht schämen sollte,
wenn man dazu steht, gerne Liebesromane zu lesen, auch wenn auf den
Beststellerlisten etwas anderes angepriesen wird.
Wie holen sie sich Feedback von ihren LeserInnen und wie wichtig ist Ihnen
dieses Feedback?
Rebecca Michéle: Ein Feedback
ist mir - egal, ob positiv oder negativ - sehr wichtig. Ich möchte ja natürlich
auch so schreiben, dass es die Leser interessiert. Aus meinem Bekanntenkreis
kommen immer sehr viele Reaktionen, wobei meine Freunde und Verwandten hierbei
auch sehr ehrlich sind. Regelmäßig schaue ich die vielen Rezessionsseiten im
Internet durch und freue mich jedes Mal, wenn ich einen Kommentar zu meinen Büchern
finde. Von den Verlagen bekomme ich auch Kopien von Zeitungsrezessionen, die ich
mit Interesse lese. Besonders freue ich mich, wenn sich LeserInnen persönlich
mit mir in Verbindung setzen (über meine Homepage möglich). Ich beantworte
auch alle E-Mails, manchmal kann es allerdings ein paar Tage dauern.
Haben sie die Möglichkeit in ihren zukünftigen Romanen die Kritik oder
Anregungen ihrer LeserInnen zu verarbeiten?
Rebecca Michéle: Wie mir von
breiter Seite bestätigt wird, habe ich mich seit meinem ersten Roman
weiterentwickelt, was auch sehr wichtig ist. Ich stimme nicht immer allen
Kritiken zu (wer kann das schon?), aber ich denke schon über die Anregungen
nach und versuche, gewisse Dinge beim nächsten Buch vielleicht besser zu
machen. Oft sieht man als Autor manche Sachen beim Schreiben ganz anders, als es
nachher der Leser auffasst. Natürlich ändert sich dadurch nicht mein Stil.
Der Kontakt zu anderen Autoren, das kann man Ihrer Internetseite entnehmen, ist
Ihnen sehr wichtig. Können Sie uns einige Aspekte nennen, die Sie an dem
Austausch mit anderen Autoren besonders wichtig finden?
Rebecca Michéle: Einige
Autoren sind regelrechte „Einzelkämpfer". Ich rechne mich nicht dazu. In
jedem Beruf hat man Kollegen, mit denen man sich austauschen kann. Durch die
Mitgliedschaften beim Verband Deutscher Schriftsteller und der GEDOK kenne ich
einige Autoren, mit ein paar hat sich ein gutes freundschaftliches Verhältnis
entwickelt. Dieser Erfahrungsaustausch ist für mich sehr wichtig und
interessant. Auch ist es sehr erleichternd zu hören, dass andere Autoren mit
den gleichen Problemen wie man selbst (z.B. Schreibblockaden, Ablehnungen von
Verlagen, Werbung) zu kämpfen haben. Mir geben Gespräche mit anderen Mut, da
jeder mal „klein" angefangen hat.
Sie scheinen eine der wenigen deutschen AutorInnen zu sein, die es verstehen für
sich selbst Werbung zu betreiben (z.B. durch Ihre Homepage, den Kontakt zu den
Lesern den Sie suchen, Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen, Interviews,
etc.). Was denken Sie warum es viele AutorInnen nicht so gut verstehen oder es
nicht machen?
Rebecca Michéle: Der
MOMENTSCLUB ist für mich der erste Verlag, der von sich aus eine sehr gute
Werbung macht. Vorher war es eher mäßig. Da liegt es dann am Autor, seine
Werke bekannt zu machen. Einige Autoren haben auch einen Agenten, der sich um
die Werbung kümmert. Wie bereits erwähnt, ist mir jedoch der persönliche
Kontakt zu den Lesern sehr wichtig. Ich denke, manche Autoren haben eine Art
Hemmschwelle für sich selbst Werbung zu machen. Das ist ja auch nicht leicht,
gerade im künstlerischem Bereich. Da ich jedoch seit vielen Jahren als
Trainerin und Reiseleiterin meine „Leistung" verkaufen muss, zusätzlich
bei einer Krankenkasse in der Mitgliederwerbung eingesetzt war, fällt es mir
vielleicht etwas leichter.
Sie haben schon einmal gesagt, dass Sie sich eine Verfilmung Ihrer Bücher
vorstellen könnten und auch wünschen würden. Es liegt auch weniger daran,
dass der Stoff der Filmindustrie nicht gefällt, sondern viel mehr, dass die
Kulisse zu aufwendig für eine TV-Produktion wäre. Konnten Sie da inzwischen
neue Kontakte herstellen, so dass es vielleicht mal eine Produktion fürs Kino
geben wird?
Rebecca Michéle: Nun, gerade
vor wenigen Tagen habe ich zwei weitere Ablehnungen von Produktionsfirmen
erhalten. Es ist immer die gleiche Begründung: Historische Romane sind für
eine Verfilmung zu aufwendig und zu teuer. Ich sehe meine Romane schon in der
Richtung der erfolgreichen Jane Austen - Verfilmungen, nur ist mein Name eben
nicht so bekannt, dass die Firmen wahrscheinlich nicht den Erfolg sehen, der den
Aufwand rechtfertigen würde. Ich werde es jedoch weiterhin in dieser Richtung
versuchen.
Welchen Ihrer Romane könnten Sie sich besonders gut für eine Verfilmung
vorstellen?
Rebecca Michéle: "Das
Geheimnis von Longwell House" wäre hier mein Favorit. Zum einem, weil die
historischen Hintergründe nicht ganz so stark ausgeprägt sind, zum anderem
weil es - wie ich finde - eine schöne Geschichte mit einem überraschenden Ende
ist.
Und welcher Ihrer Romane ist Ihr persönlicher Favorit?
Rebecca Michéle: Das ist mein
in diesen Tagen erschienenes Buch „Kapriolen des Schicksals". Aber ich
denke, für viele Autoren ist das neueste Werk das Beste.
Wie sieht es mit Hörbuchproduktionen aus? Ist da in Zukunft was geplant? Und
was halten Sie persönlich überhaupt von Hörbüchern?
Rebecca Michéle: Selbst habe
ich noch kein Hörbuch angehört. „Das Geheimnis von Longwell House" ist
jedoch als Hörbuch von der Arbeitsgemeinschaft der Blindenhörbüchereien in
Marburg/Lahn produziert worden. Ich finde es eine sehr gute Sache, nicht nur für
blinde Mitmenschen. Auch viele Ältere haben Schwierigkeiten, sich länger auf
die Schrift zu konzentrieren. Mit Hörbüchern erreicht man sicher ein breiteres
Publikum. Mich selbst würde es sehr reizen, selbst bei einer Produktion
mitzumachen. Aber das wird leider an meinem schwäbischen Akzent scheitern, denn
welche Engländerin spricht schon Schwäbischen Dialekt?
Seit Sie hauptberuflich Schreiben: Wie viel Zeit investieren Sie im Schnitt täglich
aufs Schreiben und auf die Recherche?
Rebecca Michéle: Ich kann die
Zeit zwischen Recherche und Schreiben nicht trennen. Bevor ich mit der ersten
Seite zu schreiben beginne, ist die Recherche zu über 90% abgeschlossen. Da ich
mich seit meiner Jugend mit der englischen Geschichte befasse, ist mir der grobe
Rahmen der historischen Hintergründe recht geläufig. Während des Schreibens
gibt es dann immer wieder Momente, in denen ich etwas nachsehen muss. Auch bei
der Zeit des Schreibens gibt es bei mir große Unterschiede. Es gibt Tage, da
schreibe ich gar nicht, dann aber auch mal acht bis zehn Stunden. In der Regel
sehe ich aber schon zu, dass ich täglich ca. 4 Stunden arbeite. Dann
interessiert mich auch kein Telefon oder die Türklingel.
Wie sieht Ihr Arbeitszimmer aus?
Rebecca Michéle: Da ich mit
meinem Mann zu zweit in einer Viereinhalbzimmer-Wohnung lebe, habe ich ein ca.
15 m² Arbeitszimmer für mich alleine. Es hat ein großes Fenster und Balkontür
nach Süden hin, daneben steht mein Schreibtisch mit dem Computer und
Schreibutensilien. An der Wand hängen Fotos von meiner Oma, die vor zwei Jahren
verstorben ist und von meinen zwei Katern, die ebenfalls erst kürzlich
verstorben sind, ebenso eine lustige Karikatur von einem sehr guten Freund.
Oberhalb in greifbarer Nähe stehen immer die Unterlagen und Bücher, die ich
regelmäßig für mein aktuelles Werk benötige. Und auch ein Radio, denn mit
leiser Musik im Hintergrund arbeite ich besser. Natürlich steht das Zimmer mit
Regalen, die übervoll mit Büchern sind, voll. Aber auch mein Mann hat noch ein
Regal für seine Unterlagen bekommen.
Welche drei Bücher haben Sie zuletzt gelesen und wie haben Sie Ihnen gefallen?
Rebecca Michéle:
3. Die Glasbläserin von Petra
Durst-Benning
2. Die Amerikanerin von Petra Durst-Benning
1. Feuer und Stein von Diana Gabaldon
Die zwei Bücher von Petra Durst-Benning waren
die letzten der sechs Romane der Autorin, die anderen vier habe ich unmittelbar
davor gelesen. Alle Romane von ihr sind einfach außergewöhnlich gut. Ich
konnte sie nicht mehr aus der Hand legen. Petra Durst-Benning hat sich zu meiner
Deutschen Lieblingsautorin etabliert.
Feuer und Stein
habe ich natürlich während meines Urlaubs in Schottland gelesen - einfach ein
Muss! Also ehrlich gesagt, hat es mich - nach den ganzen Vorschusslorbeeren -
ein ganz wenig enttäuscht, ohne dass ich jetzt hier eine Kritik abgeben möchten.
Aber ich werde auf jeden Fall die Fortsetzungen von Diana Gabaldon ebenfalls
lesen.
Was tun sie, um mal richtig abzuschalten?
Rebecca Michéle: Wenn es möglich
ist, finde ich die beste Erholung beim Wandern in Cornwall oder Schottland. Aber
auch zuhause gehe ich sehr gerne nach draußen, am liebsten fahre ich Rad. Wenn
ich mal so richtig gestresst bin, liebe ich ein heißes Bad mit ätherischen Ölen
und ein gutes Buch. Darüber kann ich dann schon die Zeit vergessen.
Sie kommen gerade aus einem vierwöchigen Urlaub zurück. Haben Sie sich gut
erholen können? Und wo ging die Reise hin?
Rebecca Michéle: Mein Mann
und ich verbrachten drei wundervolle Wochen in Schottland. Nun ja, das Wetter
war zwar etwas nass, aber unsere Regenkleidung dicht, so dass wir sehr viel
gewandert sind. Wir haben auch sehr viele historischen Stätten besichtigt, und
ich habe meinen armen Mann die ganze Zeit mit Erzählungen aus der schottischen
Geschichte genervt! Aber dafür hat er dann am Abend die Zusammenfassungen der
Fußball-WM sehen dürfen, für die ich mich nicht sehr interessiere. Ja, ich
habe mich sehr gut erholt, die Ruhe und Einsamkeit tat einfach gut. Die
Whisky-Proben in den Distillery´s natürlich auch....

Vielen Dank an Rebecca Michéle
für dieses Interview!
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