Inhalt:
Am heißesten Tag im Sommer 1935
wird die dreizehnjährige Briony Tallis im Landhaus ihrer Familie
Zeuge eines eigenartigen Geschehens. In der Schwüle des Tages
sind alle wie verwandelt: Was treibt die ältere Schwester mit
Robbie Turner am Brunnen, was in einer dunklen Ecke in der
Bibliothek? Und wie ist jenes Wort in dem Brief zu verstehen, den
sie nicht öffnen sollte? Mit Briony geht die Phantasie durch.
Noch am selben Abend ist das Leben aller Beteiligten für immer
verändert...
Meine Meinung:
Der erste Teil der Geschichte
umfasst einen einzigen Tag des Jahres 1935. Die 13jährige Briony
sitzt in ihrem Zimmer und schreibt an einem Theaterstück anlässlich
des Besuchs ihres Bruders Leon. Ihre ältere Schwester Cecilia
gammelt herum, ihre Mutter liegt wie so oft mit Migräne im Bett.
Der Vater sitzt im fernen London, mit seiner Rückkehr wird kaum
gerechnet. Ihre 15jährige Cousine und deren jüngere Zwillingsbrüder,
sind zu Besuch gekommen, Opfer des Scheidungskriegs ihrer Eltern
und eingeplante Hauptdarsteller ihres Theaterstücks.
Aus dem Fenster beobachtet Briony
ihre Schwester und Robbie, den Sohn der Putzfrau, in einer ihr
unerklärlichen Szene am Brunnen. Ihre wild ausufernde Phantasie
spielt ihr die wildesten Streiche, sie malt sich die wildesten
Dinge aus und beschließt, ihre Schwester vor Robbie zu retten.
Dann läuft alles schief, die Cousine erweist sich als geschickte
Intrigantin mit Ambitionen auf die Hauptrolle im Theaterstück,
die Zwillinge sind ungeeignete Akteure und dann ist da dieser
Brief, den sie ihrer Schwester geben soll und dessen Inhalt so gar
nicht zu dem schüchternen Robbie passt. Und so nimmt das Drama
seinen Lauf.
McEwan erzählt diesen ersten Teil sehr geschickt jeweils aus der
Perspektive von Briony, Cecilia und Robbie. Durch die
verschiedenen Sichtweisen bekommt die Geschichte eine Dramatik,
die förmlich durch die Buchseiten kriecht.
Dann ein abrupter Szenenwechsel:
Die englische Armee befindet sich in Frankreich auf dem Rückzug.
Robbie ist einer der Flüchtige auf dem Weg nach Dünkirchen, wo
die rettenden Boote auf die Überlebenden warten. In diesem Teil
bestimmt das Grauen des Krieges die Geschichte und nimmt einem
teilweise die Luft, hat aber mit der Auflösung der Geschichte in
meinen Augen nichts zu tun. Interessant ist der Wechsel in der Erzählweise.
Während im ersten Teil der heiße Sommertag förmlich zu
schmecken und die Sprache entsprechend "schwülstig"
ist, überwiegt nun eine klare, trockene Sprache, um die Grauen
des Krieges zu verdeutlichen. Diesen Teil fand ich total überflüssig.
Dann begegnen wir Briony erneut. Sie ist Lernschwester in einem
Londoner Krankenhaus und beschließt nun, die Lüge ihres Lebens
aufzuklären. Hier bekommt der Autor wieder die Kurve und die
Geschichte nimmt wieder Formen an. Ob es Briony letztendlich
gelingt, Abbitte zu leisten, ist spannend zu lesen. Und mit dem
unvermuteten Schluss wird wieder der Bogen zum Anfang der
Geschichte geschlagen. Was da passiert, sollte jeder selbst lesen.
Insgesamt gesehen fand ich das Buch ganz nett, kann aber nicht in
die allgemeinen Lobgesänge einstimmen. McEwan ist sicherlich ein
sehr guter Erzähler, was er zwischendurch immer wieder mal
bewiesen hat. Aber auf mich wirkte die Handlung konstruiert, die
Personen blieben seltsam leblos. Der Lesefunke sprang nicht über.
(Lucy)
Bewertung: ***
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: 534 Seiten, HC, Diogenes,
24,90 €
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