Inhalt:
In Russland, während des 2.
Weltkriegs, kam es zu folgender Begebenheit:
In den Kolchosen (große Bauernhöfe / Gemeinschaften) gibt es
viel zu tun. Jede helfende Hand wird dringend gebraucht. Da die Männer
an der Front dienen, müssen hauptsächlich die Frauen das Vieh
versorgen und die Felder bestellen. In solch einem Kolchos lebt
auch Dshamilja. Ihr Mann Sadyk liegt verwundet in einem Lazarett
und hofft auf eine baldige Heimkehr. Sadyks Mutter ist das
Oberhaupt auf dem Gut. Die Kinder erzieht sie streng und Sitten
und Bräuche werden von ihr traditionell gepflegt. Dshamilja setzt
diesem Stil häufig entgegen, sie möchte ihren Willen durchsetzen
und ein bißchen Freiheit genießen.
Damit eckt sie natürlich häufig
an. Die Dshigiten in ihrem Dorf verehren und begehren sie. Aber
Seit, der Bruder von Sadyk, hat stets ein Auge auf sie. Ein
weiterer Dorfbewohner ist Danijar, ein introvertierter, etwas
eigenbrötlerischer junger Mann. Aus dem Krieg kam er verwundet in
den Ail zurück.
Der Brigadier Orosmat eilt zu Sadyks und Seits Mutter. Er teilt
Dshamilja, Danijar und Seit zu einem Arbeitseinsatz ein. Sie
sollen Getreide zum Bahnhof fahren, das von dort aus an die Front
gebracht wird. Die drei spannen die Pferde vor die Wagen und
machen sich auf den Weg.
An diesem Tag beginnt "die schönste Liebesgeschichte der
Welt" (Zitat).
Meine Meinung:
Diesem Buch würden mindestens 10
Sterne zustehen! Ein Klassiker der Weltliteratur, den jeder einmal
gelesen haben sollte. Es ist ein kleines Büchlein mit gerade mal
95 Seiten, die aber vor Aussagekraft und Schönheit strotzen. Beim
Lesen mußte ich immer wieder innehalten, um die Worte auf mich
wirken zu lassen.
Mit der o.g. Inhaltsangabe wird "nur" die Situation auf
dem Kolchos und der Beginn dieser wunderschönen Liebesgeschichte
geschildert. Die wahre Schönheit und die enorme Aussagekraft wird
damit aber in keinster Weise zur Geltung gebracht. Dies kann man
sich nur selbst erlesen. Um euch einen kleinen Vorgeschmack davon
zu geben, schreibe ich im folgenden drei der für mich schönsten
Zitate aus diesem Buch nieder.
"Das war ein Mensch, der eine tiefe Liebe in sich trug. Keine
Liebe, das fühlte ich, wie man sie für einen anderen empfindet,
sondern eine weit größere, die Liebe zum Leben, zur Erde. Ja, er
verwahrte diese Liebe in sich, in seiner Musik, er lebte durch
sie. Ein gleichgültiger Mensch hätte niemals so singen können."
(Seit über Danijar)
"..., sollen die Leute reden was sie wollen! Du mein Lieber,
Einsamer, ich gebe dich niemand! Ich liebe dich seit langem, schon
als ich dich noch gar nicht kannte, liebte ich dich; ich habe auf
dich gewartet, und du bist gekommen, als hättest du es gewußt."
(Dshamilja zu Danijar)
"Ich werde durch die Steppe in meinen Ail gehen und dort neue
Farben finden. In jedem Pinselstrich soll der Gesang Danijars ertönen!
In jedem das Herz Dshamiljas schlagen!" (Seit am Ende
seines Kunststudiums)
Ich lege diese Perle von einem Buch jedem ans Herz!!! (Dorit)
Meine Meinung:
Wer oder was ist Dshamilja?
Vieles.
Zunächst einmal ist Dshamilja
eine Diplomarbeit. So erstaunlich sich das anhört - es ist wahr.
Denn als solche war sie einst von Tschingis Aitmatow geschrieben.
Dshamilja ist jedoch auch ein
Motiv. Für den 15-jährigen Seit, Schwager von Dshamilja und
Erzähler der Geschichte, ist sie und Danijar die Inspiration für
ein Bild, das er malt und das den Grundstein für sein späteres
von der Malerei geprägtes Leben legt. Sie ist es auch, die ihn -
gar nicht beabsichtigt - vom Kindsein ins Erwachsenenleben führt.
Aber Dshamilja wäre nicht so
bekannt, wenn es dabei geblieben wäre. Darüber hinaus ist
Dshamilja eine Liebesgeschichte, die anrührend und voller
schlichter Poesie ist und dem Leser - trotz der Kürze der
Erzählung - viel von dem Leben der Kirgisen berichtet. Im Anhang
sind kirgisische Begriffe erläutert, die im Text unübersetzt
erhalten geblieben sind, was sehr zur Intensität der Geschichte
beiträgt. Der Leser fühlt sich in den besagten Sommer versetzt.
Spürt die Wärme, die laue Nachtluft, die beschwerliche Arbeit,
die die Menschen zu Zeiten des Krieges zu verrichten hatten, um
ihre Soldaten zu versorgen. Das alles aber so herrlich entspannt
und unspektakulär, so dass man wirklich das Gefühl hat, am
Alltag dieser Menschen teilzuhaben. Insbesondere des Alltags von
Danijar, Dshamilja und Seit. Hierin lag für mich persönlich die
Stärke der Erzählung. Die Geschichte dieser so starken Zuneigung
ist auch schön, aber die Beschreibungen des kirgisischen Lebens
haben mir besonders imponiert. Somit ist es für mich vielleicht
nicht die schönste Liebesgeschichte der Welt gewesen, als welche
sie oft gehandelt wird, aber eine durch und durch schöne
Erzählung, die mich in eine andere Kultur entführt hat, über
die ich nicht sehr viel weiß. (Petra)
Bewertung: **** (Dorit)
Bewertung: **** (Petra)
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: 1994, 6. Auflage, ISBN
3-293-00135-1, 95 Seiten, Unionsverlag Zürich
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