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Rezension

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Inhalt:

Die angesehene Arztfamilie Shirai bildet seit Generationen den sozialen Mittelpunkt eines kleines Dorfes in Japan. Das Leben in der Großfamilie verläuft wohlgeordnet im Rhythmus des Tages und der Jahreszeiten. In diese Welt wird Anfangs des Jahrhunderts das Mädchen Haruko hineingeboren; hier wächst sie in Wärme, Geborgenheit und Sicherheit auf, wie schon ihre Eltern, Großeltern, Urgroßeltern. Selbst Schicksalsschläge wie der frühe Tod des geliebten Vaters können diesem Lebensstill nichts anhaben. Dafür akzeptiert Haruko die ungeschriebenen Gesetze der Konventionen: Ehen werden von der Familie arrangiert, und Frauen sind den Männern von Natur aus unterlegen. Doch dann kommt der Weltkrieg, und innerhalb weniger Jahre bricht alles zusammen, was in Jahrhunderten gewachsen war. Haruko folgt ihrem Mann in die besetzte Mandschurei und muß sich mühsam mit fremden Menschen, mit Armut und Feindseligkeit auseinandersetzen. Doch sie empfindet nicht nur Angst; mit Erstaunen spürt sie den - wenn auch eisigen - Hauch der Freiheit. Sie begreift, daß die alte Welt unwiederbringlich verloren ist, und daß es gilt, die Chancen der neuen Welt zu nutzen. Zurück in Tokio, steht Haruko nach dem Krieg vor dem Trümmern des alten Japan. Aus den unerschütterlichen Werten in ihrem Innern und den Freiheiten der neuen Zeit beginnt sie, für ihre Familie eine neue Heimat zu bauen. Sie begreift ihre Stärke als Geschenk ihrer Herkunft, und sie ist stolz darauf, ihre Töchter sicher über die Schwelle ins neue Japan geleitet zu haben, ohne die alten Werte zu verraten. Harukos Geschichte ist ein zutiefst anrührendes Erinnerungsbuch aus einer fernen Welt - voller Hoffnung, Stärke und Licht. Zart wie der Frühlingsnebel in Harukos alten Heimat, die von Neubeginn zeugen, ohne den Winter vergessen zu machen.

Über die Autorin: Ruriko Pilgrim wuchs in Japan und der Mandschurei auf. In New York studierte sie Anthropologie bei Margaret Mead und bereiste mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern die ganze Welt. Ihr Buch »Frühlingsnebel« basiert auf der Lebensgeschichte ihrer Mutter. Nachdem Rurikos Vater gestorben war, verbrachte die Mutter ihre letzten Lebensjahre bei Ruriko und ihre Familie in London.

Meine Meinung:

Ich habe diese Familiensaga aus Japan gern gelesen. Es ist flüssig geschrieben, leicht zu lesen und man erfährt einiges über eine fremde Welt. Haruko stammt aus einer angesehener Familie, deren sozialer Status über dem der meisten Dorfbewohner liegt. Natürlich hat die Familie Personal, auch wenn sie nicht zu den wirklich reichen in Japan gehört. Über die Dienstboten und die Dorfbewohner erfährt man nicht so viel. Starke Konventionen bestimmen das Leben, bieten aber auch Sicherheit und Geborgenheit. Undenkbar, sie zu übertreten, erst nach dem verlorenen Krieg ändert sich einiges. Im Mittelpunkt des Romans steht Haruko. Sie erlebt eine behütete Kindheit trotz mancher Schicksalsschläge, wie der frühe Tod ihres Vater. Dass sie als Mädchen im Vergleich zu ihrem Bruder eine untergeordnete Position hat, wird als selbstverständlich empfunden. Und auch, dass der Vater den Ehemann aussucht. Haruko hat Glück, ihr Ehemann ist ein gebildeter, aufgeschlossener Arzt, der ihr mehr Freiheiten lässt, als vielen anderen Ehefrauen von ihren Männern zugestanden wird. So darf Haruko u. a. Töpfe ohne sein Erlaubnis einkaufen. Sie folgt ihm, als der Krieg ausbricht, in die besetze Mandschurei. Vom Unrecht und Kriegsgräueln merkt Haruko kaum was. Erst als sich das Blatt wendet, registriert sie mit Verwunderung, dass das chinesische Dienstmädchen von jetzt auf gleich Richtung ihrer Heimat verschwindet. Auch der Händler im Ort ist auf einmal gar nicht mehr so freundlich. Die Japaner müssen die Mandschurei räumen. Über das Chaos und die damit verbundenen Vergeltungsmaßnahmen der Chinesen berichtet Haruko einiges. Sie und ihre Familie haben Glück. Alle überleben die Flucht zurück nach Japan. Es ist natürlich nicht mehr das Japan, das Haruko verlassen hat. Der Krieg ist verloren, viele Konventionen gelten nicht mehr, man muss sehen, wie man durchkommt. Haruko hat auch insofern Glück, dass ihre Familie nicht von dem Abwurf der Atombomben betroffen ist. Es überrascht nicht, dass Harukos Mann der Situation nicht gewachsen ist, so dass sie es ist, die die Familie organisieren und durchbringen muss. Es ist für Haruko eine Gradwanderung. Einerseits ist sie den alten Werten verbunden, andererseits begreift sie sehr wohl, dass eine andere Zeit angebrochen ist. Sie kann sich von manchen Werten trennen. So steht für sie fest, dass ihre zwei Töchter sich ihren Mann selber aussuchen dürfen. Und sie ist bemüht, ihren Töchtern eine gute Schulbildung zukommen zu lassen. Nicht von der Mutter, erst von der Tochter, die als Austauschstudentin an eine amerikanische Universität kommt und dort von anderen Studenten mit Japans Kriegsverbrechen konfrontiert wird, erfährt man als Leser kurz aus ihren Briefen, dass Japan Kriegsgräuel begangen hat. Haruko ist, wie die meisten Frauen ihrer Generation ein unpolitischer Mensch. In ihrem Leben steht die Familie im Mittelpunkt. Und über die Familie erfährt man viel in diesem Roman. Über Stunden des Glücks und Schicksalsschläge und viel über den Alltag der Familie. Das fand ich bereichernd, ich konnte mir so richtig das Leben dieser Familie vorstellen. Die Schilderung des Familienalltags macht die Stärke dieses Buches aus. "Der Frühlingsnebel" ist keine Weltliteratur, aber gut geschrieben und unterhaltsam. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieser biographischer Roman allen gefällt, die gern über der Alltag von Frauen in fremden Ländern und Familiensagas lesen. (Ajda)

Bewertung: ***

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: 349 Seiten, Taschenbuch-Ausgabe, btb Verlag, 9,- €, Originalausgabe "Fish of the Seto Inland Sea", 1999 erschienen in London

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 01.03.2003, letzte Änderung am 30.05.2003, Layout by abrakan