Inhalt:
Anthony Bourdain ist Chefkoch mit
eigener Kochshow im US-Fernsehen und schreibt neben Sachbüchern
auch Kriminalromane. In "Geständnisse eines
Küchenchefs" schildert er seinen Weg vom ersten bewußten
kulinarischen Erlebnis im Alter von neun Jahren, als er während
eines Frankreichurlaubs seine erste Auster probierte, bis zum
Chefkochposten in der "Brasserie Les Halles" in New
York, wo er noch immer tätig ist. Spül- und Schnibbeljobs, eine
Ausbildung beim CIA (in diesem Fall das Culinary Institute of
America), dem Untergang geweihte kleine Bars und das größte
Restaurant der Welt waren nur einige seiner Stationen auf diesem Weg, und
harte Drogen dabei lange Zeit seine Begleitung. Sex, Drugs &
Haute Cuisine - Bourdain nimmt kein Blatt vor den Mund und
gewährt auch solche Einblicke in die Welt des Profikochens, die
dem Untertitel des Buches gerecht werden: "Was Sie über
Restaurants nie wissen wollten"...
Meine Meinung:
"Was für ein selbstverliebter,
arroganter Schnösel" war mein Eindruck nach den ersten
Seiten des Buches, und irgendwie war ich nicht überrascht, denn
mangelndes Selbstbewußtsein ist nun wirklich das letzte, was ich
den mir privat oder auch nur aus dem Fernsehen bekannten
Berufsköchen nachsagen würde. Aber Anthony Bourdain besitzt
zugleich eine gesunde Portion Selbstironie, und so verzeiht man
ihm gerne die eine oder andere Überheblichkeit. Durch seine
flüssige Schreibe und seinen Humor liest sich das Buch so
schnell, spannend und amüsant wie ein guter Roman.
Der Leser erhält einen
faszinierenden Einblick in die testosterongetränkte Welt der
Restaurantküchen. Raue Sitten, strenge Hierarchien, ein deftiger
Umgangston, hektische Fließbandarbeit an den Posten, ständige
Brand- und Schnittverletzungsgefahr, teils unmenschliche
Arbeitsbedingungen bei enormen Temperaturen und nicht zuletzt die
Arbeitszeiten erfordern eine außergewöhnliche Mentalität und
ebensolche Charaktereigenschaften. Wer sich je gefragt hat,
warum Frauen in diesem Beruf nur eine Minderheit stellen, findet
hier eine mögliche Antwort.
Dem Autor gelingt es sehr gut,
die Atmosphäre dessen einzufangen, was er an einer Stelle sogar
als Irrenhaus bezeichnet. Fast hört man beim Lesen das Klappern
des Geschirrs und das Zischen und Brutzeln des heißen Fettes,
spürt die hektische Betriebsamkeit - und zieht da nicht gerade
der Duft von gegrillten Shrimps mit Knoblauch um die Ecke?
Bourdain würzt die ausgewählten Episoden seiner Karriere
"vom Versager zum Chefkoch" mit witzigen Anekdoten und
garniert sie mit ein paar Küchentricks und
Restaurantgeheimnissen. Das Kapitel "Aus unserer Küche auf
Ihren Tisch" sollte besser mit genügend zeitlichem Abstand
zum nächsten Restaurantbesuch gelesen werden...
Einziger Kritikpunkt: ein Glossar
wäre schön gewesen! Französischer Kochjargon und Namen von
Soßen und Gerichten, die nicht auf jeder 08/15-Speisekarte zu
finden oder schlicht international verschieden sind, sind nicht
unbedingt jedem Leser bekannt - hier wären ein paar
Übersetzungen/Erklärungen sehr informativ und hilfreich.
Mein Fazit: ein absolut lesens-
und empfehlenswertes Buch! Eine Frage stellt sich mir jedoch: hat
jemand, der nach eigener Aussage 3 Schachteln (!) Zigaretten pro
Tag raucht, noch funktionierende Geschmacksnerven? (© Anja L.
2003)
Bewertung: ***
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Originaltitel: Kitchen
Confidential, 348 Seiten, gebundene Ausgabe, Blessing Verlag, €
23,00
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