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Rezension

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Inhalt:

Bachmann erzählt über das Erwachsenwerden eines Jungen aus einer Schweizer Stadt in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Die Geschichte beginnt als Grimsel zusammen mit seinen Eltern eine Cousine aus dem ausgehungerten Berlin abholt.

Sie ist ihm fremd mit ihrem deutsch-berlinerischen Dialekt, ihrer dürren Gestalt und ihrer Selbstverständlichkeit, mit der sie seine abgelegten viel zu großen Schuhe trägt.

Sie wird in seinem Zimmer einquartiert und wird nun, ob er will oder nicht, die meiste Zeit in seiner Nähe sein.

Wie Grimsel in dieser Zeit des Aufbruchs und der Erneuerung aufwächst und sein Leben gestaltet, erzählt Bachmanns Buch.

Meine Meinung:

Grimsels Zeit erzählt über die Einsamkeit und die Mühe des Erwachsenwerdens. In eingängigen Bildern berichtet der Autor und es fällt dem Leser leicht, ihm in die Zeit damals zu folgen.

Wie Grimsel allein und still vor dem Zoogehege steht und staunend die komplizierten Bewegungsabläufe, mit denen sich eine Giraffe bewegt betrachtet. Wie er sich beschenkt und beglückt fühlt, als ihm das fremdartige Tier einen Blick aus dichtbewimperten Augen schenkt. Wie er abends und nachts seine schlafende Cousine betrachtet und inmitten seiner Familie und seines bürgerlich- behaglichen Zuhauses seine Einsamkeit empfindet.

Seine Einsamkeit, die ihm inzwischen so vertraut ist, dass er sie manchmal als etwas tröstliches empfindet, und das ihm Zweifel kommen, ob er überhaupt etwas daran ändern möchte.

Bachmann ist ein distanzierter Beobachter, der in einer schönen und phantasiereichen Sprache schreibt. Nicht selten kommt er mit nie gelesenen Wortschöpfungen wie z.B. Abwesenheitsanwesenheit wenn er Grimsels träumerische Lethargie im Schulunterricht beschreibt, und jedermann weiß gleich was ausdrücken möchte.

Die sprachlich sicher nicht einfach zu beschreibenden Einsamkeitsphantasien eines Heranwachsenden, die verborgenen Untiefen eines pubertierenden Jungen meistert er mit Bravour.

Souverän und einfühlsam bringt er uns das Erwachsenwerden eines jungen Menschen der Nachkriegszeit da. Nicht als selbstverliebte Nabelschau, sondern mit literarischer Gewandtheit und handwerklichem Können.

Auch die nach dem Krieg einsetzende Aufbruchsstimmung, der Drang nach Höherem, das allmählich einsetzende Bestreben, es den Amerikanern gleich zu tun mit Mode, Jazz und Lebensart, das Streben nach Weltoffenheit und bescheidenem Luxus ist erfindungsreich und gekonnt dokumentiert.

Grimsels Zeit ist ein Buch ohne spannende Aktionsszenen und ohne große Höhen in der Dramatik, sondern eher ein in die Tiefe gehendes Stück Nachkriegsgeschichte auf meisterhafte Weise erzählt. (Mariposa)

Bewertung: ***

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: Originaltitel: Grimsels Zeit, Erste Ausgabe:2002 by berlin Verlag, ISBN- Nr. 3- 8270- 0463-2, Seitenzahl: 371, Preis: € 22,00

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 01.09.2003, letzte Änderung am 15.09.2003, Layout by abrakan