Inhalt:
Dieses
Buch beginnt mit einer Flasche Champagner. Ein Fan aus Deutschland
schickte diese an die Adresse von Connie Palmen, kein Brief, keine
Erklärung – nur der Champagner und: Präsent
i.A. von Dr.Ludwig von Gandersheim.
Connie
Palmen schickt ein
Dankeschön an die Adresse des Weinhändlers als Antwort. Zu Weihnachten
erscheint eine Kiste mit drei Flaschen, zusammen mit der
Bitte um ein Treffen. Ein mulmiges Gefühl, das sich nicht
abschütteln lässt, ist der Grund dafür, dass Connie Palmen dem
Treffen zustimmt.
Dabei erfährt
sie dann aus dem Munde des Verehrers: “Ich wollte sie töten.“
Dies ist
der Aufhänger für das Essay, das sich um Mörder, ihre
Selbstwahrnehmung und ihre Motive dreht, um Autoren und
Schauspieler, die diese Wahrnehmung zum Thema machen und um berühmte
Mordfälle, ihre Mörder und Opfer.
Viele
Ideen rund um Stalker, Motive, Fiktion und Wirklichkeit,
Identifikation und Verblendung werden hier anhand der Morde an
Versace, John Lennon und sogar Dicke Greenleaf, dem Helden aus
Patricia Highsmiths "Der talentierte Mr. Ripley", aufgezeigt.
Meine
Meinung:
Ein neuer
Connie Palmen? Aber mit diesem Titel, so düster? Hin und her
gerissen schlich ich um dieses Buch herum. Es siegte, und obwohl
die Erwartungen, die der Klappentext und das Einlesen
heraufbeschworen nicht erfüllt wurden, war ich froh es gelesen zu
haben.
Mit dem
Einstieg war der Lesesog da, sobald sie von ihrem Leben und ihren
Erlebnissen berichtete, hat sie mich bisher immer in ihren Bann geschlagen, das
war auch in den anderen beiden Büchern bisher so. Ihre
Schilderungen sind faszinierend, sie bringt Beispiele und Bilder,
die mich berühren.
Meine
beiden gelesenen Palmen-Romane: ‚I.M.’
und ‚Ganz der Ihre’ machten mich einfach neugierig
darauf, wie Palmen das Thema angehen würde. Auch der Einstieg –
anhand des persönlichen Beispiels weckte Hoffnung, leider spielt
dieser Einstieg schon schnell keine Rolle mehr.
Schon
bald nachdem Dr. von Gandersheim die Szene verlassen hatte, traten
andere potentielle und echte Mörder in den Mittelpunkt des
Geschehens. Spannend fand ich es, wie Palmen die Phänomene der
verschobenen Wahrnehmung erklärt. Da ich mich negativen Themen
sonst gerne verschließe, hatte ich vorher noch nichts zu den
Beweggründen von Fan-Morden gelesen. Stalker waren für ich
abstrakte Figuren aus Kriminalromanen, an einigen Stellen erkannte
ich eigene Handlungsweisen und fühlte mich aufgeklärt, wie diese
zu Stande kommen können.
Am
faszinierendsten war der Bezug zu einem meiner
Lieblingskriminalhelden: Tom Ripley und zur Romanautorin Patricia
Highsmith selbst. Der Widerspruch von Einbildung und Wirklichkeit
muss nicht immer zu realen Morden führen. Es gibt Menschen, die
eine Kompensation im Schreiben oder bei der Schauspielerei
gefunden haben. Wie beruhigend, vor allem, wenn man bedenkt, das
das Phänomen ’Stalker’ immer
alltäglicher wird.
Nachdem
ich die 100 kleinen Seiten gelesen hatte, lehnte ich mich zurück
und überlegte, was ich denn nun gelernt hatte? Nichts, was ich in
Lehrsätze fassen könnte, aber ich hatte ein Gefühl dafür
bekommen, wie Einbildung
und Wirklichkeit manche Menschen verwirren können und dass die
Morde für die Täter einer Logik gehorchen.
Idole und
ihre Mörder – Kein Roman aber ein aufschlussreiches Essay, über
moderne Morde. (Binchen, April 2005)
Meine
Meinung:
Die ersten Seiten schlugen mich in den Bann von Connie Palmens persönlicher Geschichte, in der sie schildert, wie sich ein Stalker in ihr Leben drängt und ihr irgendwann offenbart, dass er die Absicht hatte, sie umzubringen. Connie Palmen wäre nicht Connie Palmen, wenn sie dies nicht zum Anlass nehmen würde, dieses Thema psychologisch zu durchleuchten. Zumal diese „modernen Morde“, wie sie sie nennt, keine Einzelfälle mehr darstellen. Ihnen allen scheinen bestimmte Ursachen, die in der modernen Zeit zu suchen sind, zu Grunde zu liegen. Diesen will Connie Palmen auf den Grund gehen.
Zunächst ist das auch hochinteressant. Ihre Schilderungen verschiedener Fälle und was die Menschen zu Mördern gemacht hat ist durchaus faszinierend. Der Leser erhält eine Vorstellung davon, wo die Ursachen zu suchen sind. Für mich persönlich erreichte diese Schilderung ihren Höhepunkt, als Connie Palmen Patricia Highsmith auf den Plan ruft. Ihre Figur Tom Ripley aus dem Roman „Der talentierte Mr. Ripley“ ist ein klassisches Beispiel für einen Menschen, der ein Idol umbringt. Patricia Highsmith selbst, kannte auch die obsessive Liebe.
Doch über diese Stelle hinaus konnte die Autorin mich nicht fesseln. Denn es folgte nun nichts neues mehr sondern immer neue Wiederholungen von Beispielen und psychologischen Erklärungen hierzu. Es ermüdete mich, mein Wissensdurst war gestillt. Somit möchte ich nicht vorbehaltlos für dieses Buch sprechen. Als Essay – halb so kurz wie hier veröffentlicht – wäre nett gewesen. Wissenswert auch, wobei ich mich hier gefragt habe, wie fundiert Palmens Theorie überhaupt ist. Sie weckt jedenfalls Gedanken und ruft ein vages Verstehen dieses Phänomens hervor. Wenn auch an manchen Stellen in unnötig verkomplizierten Sätzen, die dem Verständnis nicht gerade förderlich sind.
Alles in Allem kann ich also sagen: Schon lesenswert. Aber man sollte bedenken, dass es sich um ein Essay handelt. Sowohl was die Länge betrifft – eigentlich zu wenig für ein Buch, aber zu viel für ein gutes Essay; nach der Hälfte war in diesem Fall im Grunde alles gesagt – als auch was den Inhalt betrifft: Es ist mehr eine subjektive Betrachtung als eine wissenschaftliche Abhandlung.
(Petra)
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In Memoriam.' |
Bewertung: *** (Binchen)
Bewertung: **/*** (Petra)
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
TB - 104 Seiten - Diogenes Verlag, 16,90
€
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