Inhalt
/ Meine Meinung:
Roman um unglaubliche
Geschehnisse und einen Todesfall im Amt - Polizeiliche
Ermittlungen und gefühlsmässige Verwicklungen.
Wer soll sich für das Innenleben
von Beamten und Behörden interessieren ? Eigentlich niemand,
meistens ist man ja froh, nichts mit Ämtern zu tun zu haben.
Kürzlich bekam ich die 'Karawane
des Grauens' geschenkt, und diese Lektüre hat meine Meinung doch
verändert. Zum Teil sehr witzig und zum Teil gallebitter
beschreibt Gogolin die Atmosphäre, das Funktionieren und eben
auch Nicht-Funktionieren eines vermutlich imaginären Amtes.
Wenn es darum geht, taktisches
Vorgehen eines Vorgesetzten zu umschreiben, wird auch vor
drastischen Formulierungen und Bildern nicht zurückgeschreckt.
Textprobe: 'Er wusste,
dass die Phantasie den Menschen schlimme Streiche spielte, dass
die Leute sich am meisten dann fürchteten, wenn sie nur etwas
Dunkles erahnten, was ihnen vielleicht eines Tages drohen könnte.
Nach diesem Prinzip funktionierten auch die besten Gruselfilme
Hollywoods, deren Erfolgsgeheimnis eben darin lag, die aus dem
Knie spritzende Hirnmasse des von unmenschlichen Monstern zu Tode
gepeinigten Opfers gerade nicht zu zeigen.'
Selten hat ein Buch in mir so
zwiespältige Gefühle ausgelöst, auch in ausgesprochen
humorvollen Passagen wollte mir das Lachen oft im Halse stecken
bleiben.
Anfangs dachte ich, hier soll mit den üblichen Beamtenwitzen auf
dem öffentlichen Dienst und seinen Mitarbeitern herumgehackt
werden. Viele Figuren, nicht nur hochrangige, werden nicht gerade
liebenswert dargestellt. Viele Handlungen wirken absurd und lächerlich.
Offenbar ging es dem Autor aber darum, das eigentliche Wesen von
Menschen zu verdeutlichen. Seiner Meinung nach ist es nicht nur
eine hierarchische Ordnung oder tatsächliche Gefahr für Leib und
Leben, die Beamte oder Nicht-Beamte zu Duckmäusern werden lässt.
Menschen wollen einfach in einer vorgegebenen Ordnung kuschen, der
tatsächliche oder angebliche Druck von oben ist nur Vorwand, sich
nicht wehren zu müssen. Beamte sind ja bekanntlich unkündbar und
müssen nicht um ihren Job fürchten. Da stellt sich natürlich
die Frage, weshalb es nicht mehr Aufmüpfige unter ihnen gibt.
Der Autor meint: Aus
Bequemlichkeit und wegen der Trägheit der Masse, ohne das so
auszudrücken. (Sabine Wolter)
Meine Meinung:
Ein unebener, aber origineller
und gut recherchierter Roman, dessen Titel leicht in die Irre führt,
im doppelten Wortsinn. Keinem Genre so richtig zuzuordnen, hinterlässt
Gogolin den Leser zwar durchaus amüsiert, aber auch mit sehr
beklommenen Gefühlen. Einer Berufsgruppe wird das Buch auf gar
keinen Fall zusagen: Gewerkschaftlich organisierten
Frauenbeauftragten, denn hier wird doch ordentlich durch den Kakao
gezogen und werden liebgewordene Vorurteile süffisant bedient.
Das Ganze sollte Pflichtlektüre für solche Menschen, sein, die
gerne lebenslange Beamte werden wollen - sie würden es sich
vielleicht doch anders überlegen...
Lesenswert! (Andreas
Buchholz)
Meine Meinung:
Unter dem Titel "die
Karawane des Grauens" veröffentlichte der weitgehend noch
unbekannte Autor Wolfgang A. Gogolin einen Roman , in dem
"die Behörde" mit ihren für den Außenstehenden
mitunter bizarren Strukturen Hauptthema ist. Er verbindet dies mit
einer folgenreichen Verknüpfung menschlicher Schicksale.
Wir alle fragen uns manchmal, was
hinter den Türen jener Ämter wohl vor sich geht, vor denen wir
in unbeheizten Gängen mitunter längere Zeit sitzen. Die
schmuddeligen Wände mit bunten Plakaten versehen, die dem Behördengänger
versichern, "Kunde" und damit "König" zu
sein. Dabei ist man schon froh, nur... "der Nächste
bitte" zu sein.
Wird uns die Zeit auch lang,
machen wir uns selten Gedanken darüber, ob sich hinter der Tür
unserer Behörde, unseres Finanzamtes, unseres Sozialamtes nicht
Merkwürdiges ereignet.
Zum Beispiel: eine schillernde Szenerie aus unverdrängten
Jugendtraumata, verborgenen sexuellen Wünschen und bizarrem
Machtgehabe. Der Autor beschreibt präzise, wie Menschen mit
psychischen Krankheitsbildern, die sehr zu Sorge Anlass geben, in
den Machtstrukturen des Alltags als Vorgesetzte agieren oder als
Untergebene ihr Dasein fristen. Die Hirachie wird benutzt und
missbraucht. Nur Starke erheben sich , werden dafür gemaßregelt,
mundtot gemacht. Während Schwächere still vor sich hin leiden. Möglicherweise
gar nicht einmal behördenspezifisch, sondern auch Sittenstudie
einer Gesellschaft, die sich menschlicher Probleme lieber
entledigt, sie verschweigt und alte Machtstrukturen gegen sozialen
Fortschritt setzt.
Der Autor wechselt geschickt
zwischen Humor, Zynismus und eigener Betroffenheit, mit der er die
spannende Geschichte entwickelt, um in dichter Atmosphäre das
ganze Elend des menschlichen Umganges in der Berufswelt zu
beschreiben. Ein Elend, das sich in Lebenslügen und Scheinwelten
entlädt, um aus einer Realität zu entschwinden, der der Einzelne
nicht mehr gewachsen ist oder sein will.
Ein beeindruckender Roman , der
als Zeitzeugnis einer Gesellschaft dient, in der nur noch wettergeübte
Segler das raue soziale Klima überstehen, dass zwischenzeitlich
in diesem Land Einzug gehalten hat . Ein Buch, das sich
hervorragend als Geschenk für öffentlich
Bedienstete, Beamte oder auch echte Beamtenhasser eignet - jeder
wird Argumente finden! (Georg Mandel)
Bewertung: *** (Sabine
Wolter)
Bewertung: **** (Andreas Buchholz)
Bewertung: **** (Georg Mandel)
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
ISBN: 3-8311-4020-0, 11,90 €,
Taschenbuch-Ausgabe, 208 Seiten, Verlag Gox
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