Inhalt:
Lisa Halaby, Tochter einer
angesehenen arabisch-amerikanischen Familie, schloss als eine der
ersten in Princeton zugelassenen Studentinnen ihr Studium der
Architektur und Städteplanung ab. Während des Vietnam-Krieges
erwachte in ihr die spätere Menschenrechtsaktivistin. Auf der
anderen Seite des Globus wirkte zu dieser Zeit der unermüdliche
Versöhner und Friedensaktivist Hussein an einer Befriedung des
Nahen Ostens. Der erste Blickkontakt erfolgte
durch ihr Kameraobjektiv auf dem Flughafen von Amman. Ihr Vater,
als Direktor der amerikanischen Luftfahrtbehörde in Jordanien als
Berater geladen, hatte auf dem Erinnerungsfoto mit König Hussein
bestanden. Heute wirkt sie belustigt angesichts der Peinlichkeit
dieses Treffens im Winter 1976. Der 41-jährige Monarch hingegen,
nach dem Tod seiner dritten Frau einer der weltweit begehrtesten
Junggesellen, schien in Lisa Halaby seine Zukunft zu sehen. Und
zwei Jahre später sollte die junge Fotografin als Noor al-Hussein,
Königin von Jordanien, zurückkehren.
In diesem Roman berichtet Königin Noor über ihren anfänglichen
Kampf gegen steifen höfische Rituale und die von ihr erwartete
traditionelle Frauenrolle. Sie beschreibt den mühsamen Wege ihres
Mannes um die Friedensbemühungen im Nahen Osten und verknüpft
die Geschichte eines Landes, einer Religion, eines Kampfes mit der
zarten Liebesgeschichte zweier einfacher Menschen.
Meine Meinung:
Als ich mit diesem Buch begonnen
habe, hatte ich eine weitere Society-Biografie erwartet. Doch ich wurde enttäuscht, oder doch wohl eher angenehm
überrascht.
Lisa Halaby, wie Noor bei ihrer Geburt hieß, stellt nicht sich
und ihr Leben in den Mittelpunkt des Buches. Sie beschreibt
vielmehr die vielen Grenzwanderungen, die ihr Leben als Frau und
Königin prägten. Ihre Abstammung, der große Altersunterschied
zwischen ihr und ihrem Mann, die Rolle als Stiefmutter, ihre
Aufgabe als junge, westlich erzogene Frau plötzlich Königin
eines moslemischen Landes zu sein und immer wieder die schwierige
Stellung Jordaniens als ständiger Vermittler und Friedensstifter
in der arabische Welt.
Obwohl ich mich eigentlich immer sehr für Geschichte interessiert
habe, war ich etwas beschämt, wie wenig ich bisher über die
tiefgreifenden Konflikte der arabischen Staaten wußte. Noor
bringt diese schwellenden Probleme und die Rolle, die gerade die
USA immer wieder in diesen Verhandlungen spielen, dem Leser auf
einfache, aber sehr verständliche Weise nahe. Ihre klare
Darstellung der Tatsachen, der religiösen, kulturellen und
sozialen Gegebenheiten, sowie der dadurch resultierenden
Problematik haben mich nachhaltig berührt und beschäftigt.
Sie spart nicht mit Kritik an den Staatsmännern dieser Welt und
ihren Firstladys, aber sie ist ehrlich genug auch ihre Schwächen
und Vorurteile einzugestehen. Viele politische Treffen der
aktuellen Zeitgeschichte der letzten 50 Jahre gewinnen durch ihre
Schilderung eine Dimension von persönlichem Einsatz und viele
Zwischenfälle, die heute noch in den arabischen Ländern
geschehen, werden, wenn auch nicht nachvollziehbar, so doch klarer
verständlich.
Bisweilen fand ich ihre etwas glorifizierte Darstellung ihres
Mannes unglaubwürdig. Je mehr man sich jedoch mit Noor, ihrer Vergangenheit
und Erziehung und vor allem auch der Geschichte Jordaniens
auseinander setzt, desto mehr wird klar, daß sie ihren Mann über
alles geliebt und auch verehrt hat. Daß sie aber auch seine
Fehler gesehen hat. Die Politik, die König Hussein vertreten hat,
seine immer währenden Bemühungen um eine Verständigung zwischen
Israel und Palästina, zwischen dem Iran, Irak und Kuwait, so wie
seine Glaube an eine friedliche Einigung in der arabischen Welt,
stieß immer wieder auf Mißtrauen und Widerwillen, sowohl in
seinem Land, bei seinen Nachbarn und leider auch viel zu oft in
der westlichen Welt. Mir erscheint Hussein aber nach diesem Buch
als großer Visionär des Friedens, der ohne Zweifel die
Verehrung, die ihm Königin Noor entgegen bringt verdient. Ich
gebe zu, daß am Ende einige Tränen vergossen habe. Nicht, weil
der Krebstods des Königs so melodramatisch geschildert wird (was
nicht passiert), sondern weil ich, ähnlich wie viele Politiker
1999 um einen großen Staatsmann, eine Vision und eine große
Liebe getrauert habe.
Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der sich für Biografien und
Geschichte begeistern kann. Es ist keine leichte Lektüre (wenn
auch stilistisch sehr klar), was vielleicht auch damit zusammen
hängt, daß wir hier wenig über die Stellung Jordaniens wissen. Nach
diesem Buch wird sich das ändern und vielleicht entdecken einige Leser,
so wie ich, daß es in Arabien nicht nur entführte Kinder,
mißhandelte Frauen oder 1001 Nacht gibt, sondern, daß auch hier
interessante Vergangenheit, spannende Zeitpolitik und große
Köpfe sich die Hand reichen.
-inschallah-
Fazit: Horizonte
erweiternd! (Tara)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
Gebundene Ausgabe; List Verlag; 479 Seiten; 24,-€
|