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/ Meine Meinung:
Kasseler Texte, - Gedichte,
Geschichten, Glossen, Reflexionen, ...
Durch seine unmittelbare Sprache
gelingt Anant Kumar den Lesern das Leben mikroskopisch
nahezubringen. Der Autor arbeitet in diesen Texten als Wortsetzer:
Die Sprache wird karg und durchdacht eingesetzt, und die
konventionelle Dudennorm wird hin und wieder dem Text-/
Satzrhythmus untergeordnet - gekonnt: "Gestern spuckte einer
auf die Straße./ Meine Herrin ihn beschimpfte* und damit nicht
aufhörte*."(S. 7 Der Dackel) Diese erste Satzverdrehung
kommt im ersten Text dieses modernen kaleidoskopischen Buches vor,
dessen indirekter Schauplatz Kassel keine allzusehr abgefahrene
Metropole der Postmoderne ist. Zugleich fokussieren die 23 Texte
(Gedichte, Kurzgeschichten, Beobachtungen, Skizzen, Reflexionen)
schalkhaft auf die unterschiedlichsten Facetten der
deutschsprachigen Gesellschaft, die sich zwischen dem
nordhessischen Dorf Kaufungen bis zur vibrierenden Tanzfläche -
auf der die Ethnizitäten und die Altersunterschiede zu
verschmelzen drohen - des Danceclubs "Gleis Eins"
streckt. Das Spannungsverhältnis zwischen Hiesigen und Fremden,
eines der Leitmotive, wird in den Texten nicht als Konflikt
zwischen Nichtdeutschen und Deutschen behandelt, sondern als die
unmittelbaren agierenden Erscheinungen der deutschsprachigen
Gesellschaft aufgezeigt. Die Menschen/ Leser mögen darüber
lachen, schmunzeln oder schluchzen. Mit dem listigen Humor wird
das Ungewöhnliche gewöhnlich dargestellt: "An der
Haltestelle gestern/ kam ein Junge auf mich zu/ und fragte mich:/
- Entschuldigen Sie!/ Wie früh haben wir es jetzt? -/ -Fünf vor
halb!-/ Der Junge dankte/ und ging weiter,/ seinen Basketball
dribbelnd." (S. 12 Erstaunen) Und mal kommt das Mögliche unmöglich
vor. Ja, der Autor inszeniert, indem er einen deutschen
Politiklogen seinem indischen Kommilitonen eine paradoxe Frage
stellen läßt: "Habt Ihr auch Demokratie? Oder wie in den
afrikanischen Ländern...? Ich frage, weil ich über Die alten und
neuen demokratischen Traditionen in Deutschland promoviere."
(S. 19 Talk in der Mensa). Und als darauf der Inder "Ja,
sogar eine progressive." antwortet, verwandelt sich das Gespräch
in den Talk - im wahrsten Sinne des Wortes! Der Wissenschaftler
paraphrasiert staunend: "Was? Echt? Aber das mit den Frauen
ist sehr schlimm bei Euch." Kasseler Texte, ein
Gesellschaftskatalysator, bei deren Lektüre der Lesende lachend
über Erscheinungen und Phänomene der deutschsprachigen
Gesellschaft grübelt -ununterbrochen, und wenn das nicht, dann
lacht einer bis zum Ende, bis zum grotesken Flugabsturz. (Kathrin
Vent, Kassel, 28. Juni 2001)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Wiesenburg Verlag,
Schweinfurt 1998, 2, Auflage 2000
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