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Rezension

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Inhalt

Sommerloch. Der Reporter Carl Streaton verfasst für eine Tageszeitung eine Artikelreihe über den so genannten „plötzlichen Kindstod“. Seinem an Details geschulten Blick fällt in den Zimmern der verstorbenen Kinder ein Buch aus der Leihbibliothek auf, „Lieder und Gedichte aus aller Welt“, jeweils an einer bestimmen Stelle aufgeschlagen oder mit einem Lesezeichen versehen. Streaton kennt das Buch, und er kennt auch das afrikanische Wiegenlied auf Seite 27. Er hat es selbst vor fast zwanzig Jahren seiner Frau und Tochter vor dem Einschlafen vorgelesen. Am nächsten Morgen hatten beide leblos in ihren Betten gelegen, äußerlich unversehrt. Entsetzt erkennt Carl die wahre Ursache der unerklärlichen Todesfälle. Und die haarsträubende Machtfülle, die sich ihm bietet. Sein erstes Opfer, sein abstoßender Vorgesetzter, war noch ein „Test“. Bald hat sich Streaton - wenn auch ungewollt - nicht mehr im Griff. Allein in Gedanken rezitiert, tötet das Lied alle nervigen Mitmenschen, die seinen Weg kreuzen. Carl intensiviert seine Recherche und trifft auf die Juwelen behangene Immobilienmaklerin Helen Hoover Boyle, die sich auf den Verkauf provisionsträchtiger Spukhäuser spezialisiert hat. Auch sie weiß aus eigener leidvoller Erfahrung um die dem harmlosen Liedtext innewohnende Kraft. Sie verlor ihren Sohn, konnte aber ihre Tod bringenden Fähigkeiten gewinnträchtig kanalisieren. Gemeinsam mit ihrer Sekretärin Mona, einer selbst ernannten Hexe auf der Suche nach spirituellen Ursprüngen, und deren Freund Oyster, einem radikalen Ökoaktivisten mit schlechten Manieren, aber genialen Tricks zur Geldbeschaffung, brechen Carl und Helen zu einem Trip durch die USA auf, um alle noch existierenden Ausgaben des Liederbuches zu vernichten und die Quelle des mächtigen Zauberspruchs zu finden. Doch die Aktion läuft aus dem Ruder.

Meine Meinung:

„Lärmsüchtige. Phobiker der Stille.“

Der ‚Hokuspokus’ ist Mittel zum Zweck. Chuck Palahniuk (bekannt geworden duch die Verfilmung seines ersten Romans „Fightclub“) umgibt die Kernhandlung mit harscher Gesellschaftskritik. Seine Aussage, dass manipulative Massenmedien und die Dauerberieselung unseres öffentlichen und privaten Alltags auf Dauer jeden Anflug eines eigenen, phantasievollen Gedanken zukleistern und den freien Willen untergraben, ist nicht neu. Aber seine Gedankenspiele sind intelligent, zynisch und humorvoll, und sie verführen die LeserInnen zu eigenen. Was, wenn Hören wirklich toxisch würde? Wenn die Furcht, Tod bringende Worte könnten unerwartet aus den Lautsprechern eines Einkaufszentrums schallen, zu einer Gesellschaft der völligen Stille, der staatlich kontrollierten Akustik führte? Was, wenn Bilder mehr sagten als Worte? Panik herrschte, aber endlich friedvolle Ruhe. Danach sehnt sich Carl Streaton, und das kann man gut nachvollziehen. Palahniuks Sprache ist folgerichtig knapp, durchschlagend, überlegt gesetzt. Kein überflüssiges Blabla, kurze Kapitel. Leider neigt er gegen Ende des ca. 250 Seiten umfassenden Romans dazu, sich zu wiederholen und konstruiert ein überzeichnetes Finale. Das Thema scheint an diesem Punkt ausgereizt, wird aber zuvor wunderbar getragen von skurrilen Figuren und Szenen. Ein Lesevergnügen jenseits des oberflächlichen Thrills. (© Fevvers 2004)

Bewertung: ***

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: Manhattan 2004, 19,90 €.

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 12.07.2004, letzte Änderung am 04.08.2004, Layout by abrakan