Ronnie ist ein wahrer Musterknabe. Immer ist er höflich,
zuvorkommend und rücksichtsvoll. Zudem sieht er sehr gut aus.
Für seine Mutter Anna ist Ronnie Sunshine, wie sie ihn liebevoll
nennt, die Erfüllung, obwohl sie für ihn viele Opfer bringen
muss, da sie von seinem Vater sitzen gelassen wurde. Auch Ronnie
hat einiges zu verschmerzen. Von seinen Verwandten, bei denen seine
Mutter und er wohnen, weil Anna den Lebensunterhalt für sich und
ihren Sohn nicht alleine bestreiten kann, muss er sich einiges
gefallen lassen und sogar hinnehmen, dass sie ständig schlecht
über seine geliebte Mutter reden und sie wie eine Dienstmagd
behandeln. Auch das sein Vater, der Anna als Soldat geschwängert
hat, nur ein Traumbild bleibt, macht ihm schwer zu schaffen. Doch
all diese Gefühle versteckt er hinter einer stets sonnig
lächelnden Maske, um seiner Mutter das Leben nicht noch schwerer
zu machen.
Etwas weiter entfernt kämpft die junge Susan Ramsey, von ihrem
Vater einst liebevoll Susie Star genannt, gegen die Widrigkeiten
des Lebens. Sie muss früh erfahren, dass man keinem Menschen
vertrauen kann, außer sich selbst. Sie besitzt, ebenfalls wie
Ronnie, eine ungeheure Stärke, die aus ihren viel zu früh
gemachten Lebenserfahrungen gewachsen ist.
Als Susan und Ronnie, inzwischen Teenager, sich schließlich
begegnen, haben beide scheinbar ihr Gegenstück gefunden. Ronnie,
der weniger harmlos ist, als seine aufgesetzte Maske vermuten
lässt, würde für Susan alles tun und beweist es ihr. Im
Glauben, sie sei genau wie er, offenbart er ihr, wie er wirklich
ist. Das könnte der Anfang eines unschlagbaren Teams sein, oder
aber das Ende einer Freundschaft, einer Liebe... oder sogar des
ein oder anderen Lebens...
Meine Meinung:
Patrick Redmond ist ein Phänomen.
Kein sprachliches Highlight, und doch: Spannender als er, kann man
kaum erzählen. Dies ist sein dritter Roman, und wie in den beiden
vorangegangenen (Das Wunschspiel
/ Der Schützling)
verwendet er die gleichen Motive: Waisen oder Halbwaisen, die sich
in der Welt behaupten müssen und denen übel mitgespielt wird.
Aber Redmonds Geschichten belassen es nicht dabei. Sie steigen
hinab in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele. Er zeigt
auf, das Verwundungen der Seele niemals ganz abheilen und dass
manche Narben aufreißen können, manchmal mit fatalen Folgen.
Solch verletzte Seelen sind auch die beiden Hauptfiguren des
Romans: Susan und Ronnie. Niemand würde ihnen schlechtes
wünschen. Und doch kann sie niemand davor bewahren. In einem Buch
von Patrick Redmond scheinbar nicht einmal der Autor selbst.
Obwohl ich mir vorstellen könnte, dass es ihn ebenso schmerzt wie
den Leser. Denn seine Charaktere zeichnet er so liebevoll, dass es
ihm einfach nicht gleichgültig sein kann, was aus ihnen wird.
Doch Redmond wäre nicht Redmond, wenn er nicht die ein oder
andere überraschende Wendung parat hätte und ein Ende, das sich
wirklich nicht vorhersagen lässt. Und das ist schließlich auch
gut so!
Um seine Nebenfiguren kümmert er sich ebenso inständig, wie
um seine Hauptfiguren. Auch um sie bangt man Seite um Seite, im
Wissen um den skrupellosen Autor, der ihnen alles nehmen kann...
selbst ihr Leben. Besonders ans Herz gewachsen ist mir Charles
Pembroke, der erst in der zweiten Hälfte des Buches auf den Plan
gerufen wird.
Wiederholungen finden sich in seinen Geschichten trotz der
immer wieder bemühten Hauptmotive nicht. Jeder seiner Romane
bildet eine völlig neue Geschichte, von der man nicht lassen
kann, bis die letzte Seite endlich gelesen ist. Nur, um dann zu
bereuen, dass man mit diesem wunderbaren Buch schon fertig ist.
Doch so ganz stimmt das nicht, denn Ronnie Sunshine und Susie Star
lassen einen so schnell nicht wieder los.
Fazit: Der Begriff Pageturner mag abgegriffen sein. Hier trifft
er dennoch exakt zu! (Petra)