Inhalt:
Es ist eine klirrend kalte
Winternacht, und dichter Schneefall behindert die Sicht, als die
junge Bankangestellte Sigbrit Holland um Haaresbreite einen
kleinen alten Mann überfährt. Der erschöpfte, halb erfrorene
Alte erzählt ihr eine wunderliche Geschichte: Er habe im Himmel
Unheilsbotschaften überbringen müssen, sei in einen Meteorsturm
geraten, habe deswegen auf einer Insel notlanden müssen und suche
jetzt auf dem Festland nach einem geeigneten Tierarzt für sein
verletztes Pferd. Sigbrit führt die ihr unerklärlichen Reden auf
einen Schock zurück und bringt den liebenswürdigen Alten in ein
Krankenhaus. Dort hält man ihn wechselweise für einen
berechnenden Wirtschaftsflüchtling oder für verrückt und sperrt
ihn ein. Ein Fehler, wie sich schon bald herausstellt ...
Sigbrit indes lässt die Geschichte des wunderlichen Alten nicht
los. Sie beginnt zu recherchieren. Dort, wo das geheimnisvolle
Eiland seinen Angaben zufolge liegen soll, ragt ein wildes
Klippenmassiv aus dem Meer. Flugzeuge, die es überfliegen wollen,
stürzen ab. Schiffe, die sich in die Umgebung der Felsen wagen,
gehen unter. Welches Geheimnis umgibt die namenlose Insel, die
allen gefährlich wird, die sich ihr nähern? Wer ist der alte
Mann wirklich?
Meine Meinung:
Als ich anfing, das Buch zu
lesen, hatte ich völlig falsche Erwartungen. "Ein wunderschönes
Weihnachtsmärchen", "eine atemberaubende Reise ins
Reich der nordischen Mythologie" und "Tolkien und
Umberto Eco lassen grüßen" stand auf dem Cover. Fantasy
Literatur irgendwo zwischen dem Herrn der Ringe und Grimms Märchen
hatte ich deswegen wohl erwartet. Doch damit lag ich ziemlich
daneben. Nachdem ich mich aber mühsam durch die ersten hundert
Seiten gequält hatte, fing das Buch plötzlich an, mich zu
fesseln.
Schon mal etwas von der Chaostheorie gehört? "Wenn ein
Schmetterling in China mit den Flügeln schlägt, könnte das in
Amerika zu einem Wirbelsturm führen." Dieses Beispiel wird
gerne angeführt. Janne Tellers Erstlingswerk gibt jedoch ein
weitaus unterhaltsameres Beispiel ab. Denn das Auftauchen eines
alten Mannes, der eine etwas wirre Geschichte erzählt, ist
eigentlich völlig unspektakulär. Aber einmal in Gang gebracht,
nimmt der skurrile Wahnsinn unaufhaltsam seinen Lauf:
Fanatische Endzeit-Propheten halten den alten Mann plötzlich für
die Wiedergeburt Christi. Es kommt zu internationalen
territorialen Streitigkeiten um die Zugehörigkeit der kleinen
Insel, auf der er gelandet ist. Ein kleiner Verwaltungsbeamte der
EU entwickelt einen zweifelhaften Ehrgeiz zum Nationalhelden. Ein
Jude wird Anführer einer Gruppe Neonazis. Und der Krieg zwischen
Dänemark und Schweden steht unmittelbar bevor.
Dabei beschreibt die Autorin ihre Figuren so treffend und
satirisch, dass ich mich köstlich amüsiert habe. Unterhaltsamer
kann man Gesellschaftskritik wohl kaum verpacken. Das Beste an
diesem Roman ist jedoch, dass die Geschichte wirklich so passieren
könnte, so skurril sie auch ist. Alles beruht auf realen
Tatsachen. Sogar für die seltsamen Kräfte, die auf der kleinen
Insel zu herrschen scheinen, gibt es eine physikalische Erklärung.
Das trübt allerdings in keiner Weise den mystischen Zauber, den
das Buch ohne Zweifel ebenfalls hat. Besonders Anfang und Ende
kommen einem Weihnachtsmärchen schon sehr nahe.
Zwei kleine Tipps zum Schluss: Wer kein Geographie-Ass ist, sollte
zum Verständnis einmal einen Blick auf eine nordeuropäische
Landkarte werfen. Denn im Buch heißt alles anders: Dänemark wird
beispielsweise zu "Südnorden", Schweden zu
"Nordnorden" und Norwegen zu "Altnorden". Auch
ist es empfehlenswert, sich vorher mit der nordischen Mythologie
vertraut zu machen (Link siehe unten). Die kurzen
Zusammenfassungen in Gedichtform am Anfang jedes Kapitels klingen
zwar gut, sind aber nur schwer zu verstehen. (blacklibra)
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geht es einer
interessanten Internetseite über nordische Mythologie! |
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geht es zur Homepage
der Autorin |
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Gebundene Ausgabe, 480
Seiten, Wilhelm Goldmann Verlag, München, 2002, ISBN
3-442-75091-1, 22,90 €
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