In späten Jahren fälltBrigitte
B. Fischer ihr Poesiealbum in die Hände, das sie einst, wie viele
junge Mädchen, gepflegt und gehütet hat wie einen Schatz. Und
genau das ist es auch: ein Schatz. Denn in ihr Poesiealbum
schrieben besondere Menschen, wie z. B. Thomas Mann, Hermann
Hesse, Carl Zuckmayer und weitere Persönlichkeiten der
Literaturszene. Später dann, als ihr Poesiealbum längst
vollgeschrieben war, führte sie - Tochter des Verlegers Samuel
Fischer - eine umfangreiche Korrespondenz mit einigen der
Menschen, die sich einst in ihr Poesiealbum verewigt hatten. So
brach beispielsweise der Kontakt zu Thomas Mann nicht ab, auch
nicht nach dem Tod ihres Vaters. Zahlreiche Einträge aus ihrem
Poesiealbum und Briefe sind in diesem Buch wiedergegeben, oft auch
ein Abdruck des Originaleintrags. So entfalten sich inmitten von
Brigitte Fischers Lebensgeschichte viele kleine weitere
Geschichten aus dem Leben anderer Menschen, in diesem Fall sogar
großer Persönlichkeiten, was dem Buch zu einem hochinteressanten
Nebeneffekt verhilft. Dem Leser wird Einblick gewährt in das
Leben und Schaffen großer Dichter und Autoren. Auf völlig
unverkrampfte Weise, da hier nichts eingeflochten werden musste,
sondern die Verbindungen ganz natürlich entstanden und hier
lediglich an der richtigen Stelle eingewoben sind. Veranschaulicht
wird das ganze durch die Abbildung zahlreicher schwarz-weiß
Fotos.
Als Brigitte Fischer das
Unternehmen zusammen mit ihrem Ehemann Gottfried Bermann Fischer
nach dem Tod des Vaters weiterführte, musste sie für den Verlag
kämpfen. In den schweren Zeiten, zu denen sie lebte, gar nicht so
einfach. Dieses Buch zeichnet ein feines Bild einer starken Frau.
Das könnte arrogant wirken, da sie es zu Lebzeiten selbst
geschrieben hatte. Doch von Arroganz ist es weit entfernt.
Zurückhaltend und liebenswert erzählt sie anhand ihres
Poesiealbums und der Briefe ihre Geschichte, deren Bogen sich von
den Anfängen ihrer behüteten Jugend in Berlin Grunewald bis zu
ihren letzten Tagen in der Toskana spannt. Dies waren nicht die
einzigen Schauplätze ihres bewegten Lebens. Aber sicher zwei
wichtige.
Ganz zum Schluss entlässt sie
den Leser mit einem etwas angstvollen aber wachen Blick in die
Zukunft, die den folgenden Generationen gehört - also auch ihren
Kindern und Kindeskindern, denen sie auch das Buch gewidmet hat.
Man darf dieses Buch als
Lebensgeschichte einer beeindruckenden Frau und als Zeitdokument
verstehen. Aber auch, was ich sehr zu schätzen weiß, als Hymne
auf das Briefschreiben. Hierzu findet sich auch ein wunderschönes
Zitat von Rainer Maria Rilke zu Beginn des Buchs.
Erwähnen möchte ich auch noch
das informative Namensregister, das im Anhang abgedruckt ist.
Hiermit kann man auf einen Blick nachschlagen, mit welchen
Persönlichkeiten Brigitte Fischer korrespondierte. Die
angegebenen Seitenzahlen ermöglichen ein gezieltes nachschlagen
und zurückblättern.
Fazit: Ein überaus gelungenes
Buch, das ich allen empfehlen kann, die Biographien, Bücher,
Briefe, Poesiealben und Lyrik lieben. (Petra)