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Rezension

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Inhalt:

Daniel ist 10 Jahre alt, als er sich zum ersten Mal das Gesicht seiner Mutter nicht mehr ins Gedächtnis rufen kann. Zum Trost nimmt ihn sein Vater mit an einen geheimnisvollen Ort: den Friedhof der vergessenen Bücher. Daniel darf sich dort ein Buch unter den unzähligen, in den unergründlichen Tiefen dieses wahren Bücher-Labyrinths aussuchen, auf welches er fortan Acht geben soll. Daniel greift zu Der Schatten des Windes, ein Roman von Julián Carax - einem nie richtig bekannt gewordenen Autor. Daniel ist vom ersten Moment an fasziniert von der Geschichte und entschließt sich, mehr über den Verfasser herauszufinden. Bei seinen Ermittlungen, bei denen er bald Hilfe bekommt und auch nötig hat, findet er allerhand über Julián Carax heraus. Doch merkt er auch schnell, dass nicht jeder, dessen Weg er auf seiner Suche kreuzt, ihm die Wahrheit sagt. Auch lauert ihm bald ein Mann auf, der ein entstelltes Gesicht hinter einer Ledermaske verbirgt. Dieser fordert die Herausgabe des Buches. Unheimlich ist nicht nur das Äußere des Unbekannten, sondern auch sein Name. Er trägt den Namen Laín Coubert. So heißt makaberer Weise eine Figur in Carax’ Roman. Weitere Ermittlungen zeigen bald, dass jemand - vielleicht dieser mysteriöse Coubert - einst alle Exemplare von Carax’ Büchern verbrannt hatte. Bis auf das, dass Daniel im Friedhof der vergessenen Bücher fand. Immer tiefer steigt Daniel ein in die verlorene Welt des angeblich vor einiger Zeit verstorbenen oder zumindest verschwundenen Schriftstellers und stellt fest, dass es sogar einige Parallelen zu seinem eigenen Leben gibt...

Meine Meinung:

Vorweg: Dies ist ein wunderschöner Roman, der jedoch einen geduldigen Leser sucht. Es ist nicht so, dass die Geschichte an irgendeiner Stelle uninteressant wäre. Ganz im Gegenteil, sie ist in wunderschöner Sprache geschrieben und zieht den Leser in einen Sog aus Liebe, Hass, Leidenschaft, Verrat und einem unstillbarem Durst nach Rache. All diese Gefühle durchleben unvergessliche Figuren, von denen man sich am Ende des Romans am liebsten nicht mehr trennen möchte. Warum dieses Buch dennoch Geduld erfordert? Der Autor lässt sich Zeit. Er hetzt den Leser nicht durch die Ereignisse, sondern knüpft Fädchen an Fädchen, bis er zum Schluss alle Fäden zusammenführt, die dann zwei Lebensgeschichten an vielen Stellen miteinander verknüpfen: Die von Daniel und die von Julián. Doch dazu braucht es Zeit. Um genau zu sein zwei Drittel des Buches führt er den Leser durch die Geschichte und durch die Geschichten in den Geschichten. Ein Genuss für den, der nicht ungeduldig ist. Und das letzte Drittel ist dann schneller gelesen, als einem lieb ist, denn es ist beinahe unmöglich die Lektüre zu unterbrechen, so sehr reißt die Geschichte dann mit.

Zuvor in Daniels Leben einzutauchen, und durch ihn auch in Julián Carax’, hat mir jedoch ebenfalls großen Spaß bereitet. Dies sind zwei von vielen schillernden unvergesslichen Figuren. Sie bilden die Farbkleckse auf der Leinwand dieses bildhaft geschriebenen Romans. Die Kulisse der Geschichte bildet das zur Franco-Ära kriegsgeschüttelte Barcelona, das Zafón stets in silbergrau tüncht. Symbolisch für diese trostlose Zeit. Die Menschen in diesem Buch sind der farbenfrohe Kontrast zum düsteren Ort des Geschehens; sie verblassen auch nicht an den harten Prüfungen, die das Leben in diesen schlechten Zeiten ihnen stellt. Anrührend sind diese Geschöpfe. Sei es nun Juliáns verbitterter und vom Leben enttäuschter Vater, der noch unbedarfte Daniel, oder der gewiefte Freund der Familie, Fermín Romero de Torres, der Daniel in der ihm eigenen Art in allen Lebenslagen berät und beisteht. Mit ihnen versinkt der Leser völlig in deren Welt und in die Welt des Julián Carax.

Dieses Buch einem Genre zuzuordnen tue ich mich schwer. Es erinnert an den traditionellen Schauerroman. Doch in dem Moment, wo sich Daniels Lebenslinien mit denen Julián Carax’ verwischen, mutet das ganze Szenario eher mystisch an. Dem Genre Abenteuer-Roman gehört sicher auch ein Teil des Buches. Doch im Grunde ist das unwichtig, für jeden Leser, der sich einlassen kann auf einen eigenwilligen Roman.

Hervorheben möchte ich noch die an vielen Stellen in dem Roman zum Ausdruck gebrachte Liebe zu Büchern. Ein jeder Büchernarr wird sie zu schätzen wissen, die kleinen Stellen, wo deutlich wird, dass ein Buch mehr ist als ein Gegenstand. Bei Zafón haben Bücher Seelen und jedes seine eigene Geschichte. Sie sind gute Freunde und Wegbegleiter, spenden Trost und Wärme und helfen den Schmerz zu mildern, den das Leben einem zufügt. Dies alles in wunderschöner, teils poetisch anmutender Sprache zu Papier gebracht, verstärkt den Genuss, den Der Schatten des Windes bedeuten kann. (Petra)

Button geht es zur Rezension des Hörbuchs (Lesung) "Der Schatten des Windes" im Hoerbuecher4um.
Button geht es zur Rezension des Hörbuchs (Hörspiels) "Der Schatten des Windes" im Hoerbuecher4um.

Bewertung: **** 

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: 527 Seiten, gebundene Ausgabe, Insel Verlag, 24,90 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 27.05.2004, letzte Änderung am 13.03.2006, Layout by abrakan