Banner Buecher4um
Button Home Button Rezensionen Button Neuigkeiten Button Diskussionsforum
Rezension

linie1.jpg (1098 Byte)


Inhalt

Ein Erdbeben in Boston tötet Louis Hollands Großmutter und die Familie strömt zur Trauerfeier zusammen um sich in kürzester Zeit über das nicht unerhebliche Erbe in Form von Aktien eines Chemieunternehmens zu zerstreiten. 

Da ist die Mutter Melanie, der Geld, Einfluss und gesellschaftlicher Status über alles gehen, und die sich schon lange von ihrem Mann Bob, einem linken Geschichtsprofessor, der nach wie vor an den Kommunismus glaubt, entfremdet hat. Tochter Eileen, von der Mutter ohne Ende verwöhnt, studiert in Harvard, steht vor einer sicheren Karriere im Bankgewerbe und hat einen standesgemäßen Freund, nämlich den Sohn eines Geschäftsführers des Chemieunternehmens, von dem Melanie so viele Aktien geerbt hat. Louis hingegen wird von seiner Mutter gar nicht unterstützt und schlägt sich mehr schlecht als recht als Moderator eines ständig von der Pleite bedrohten kleinen Radiosenders durch.

Bei einem Spaziergang in der Nähe des Hauses seiner Großmutter lernt Louis Renée Seitchek kennen, eine Seismologin aus Harvard, die das Erdbeben, das seine Großmutter tötete, erforscht. Sie beginnen eine fragile Beziehung, die darunter leidet, dass Renée sich nur schwer auf einen anderen Menschen einlassen kann. Stattdessen erforscht sie mir ungeheurer Energie die nun gehäuft auftretenden Erdbeben in der Region Boston. Ihre Theorie scheint so unglaublich wie gefährlich. Sie meint nämlich beweisen zu können, dass diese Erdbeben nicht natürlich sind, sondern von Menschen mit krimineller Energie hervorgerufen werden. Und wenn diese Theorie stimmt, steht Boston Schlimmes bevor.

Meine Meinung:

„Schweres Beben“ ist alles: eine Liebesgeschichte, ein Krimi und ein Familienroman. In seinem zweiten Roman, der in den USA schon 1992 erschien, analysiert Franzen wieder eine scheinbar glückliche amerikanische Familie der gehobenen weißen Mittelschicht. 

Die Fassade ist intakt, doch dahinter liegt das Haus in Trümmern. Dieses Bild trifft sowohl auf das teilweise zerstörte Haus der Großmutter, als auch auf die Familie Holland zu. Alles, was verborgen bleiben soll, wird von Franzen gnadenlos ans Licht gezerrt, die Mutter, der das geerbte Geld über alles geht, und die es in ihrem grenzenlosen Egoismus nicht mit der Familie teilen will. Auch die Hauptperson, Louis Holland, steht in keinem positiven Licht da, beruflich hat er nichts erreicht, lange kann er sich nicht zwischen zwei Frauen entscheiden. Dass er sympathisch ist liegt daran, dass er trotz allem noch den richtigen Weg findet, dass ihm Liebe, Freundschaft und Gerechtigkeit wichtiger sind als Aktien und Geld. 

Wie schon in „Die Korrekturen“ seziert Franzen zwischenmenschliche Beziehungen und erzählt langsam und genau. Da erscheinen die vier Familienmitglieder in unterschiedlichen Konstellationen, mal verstehen sie sich und mal können sie es kaum in einem Raum miteinander aushalten. Besonders gut sieht man das bei den Geschwistern Louis und Eileen. 

Allerdings hat auch viel Handlung Platz in diesem Roman, wir erfahren viel über Erdbeben und die Forschungsarbeit in Harvard, über Umweltkriminalität und über Abtreibungsgegner, die ihre Kampagne mit religiösem Fanatismus betreiben. Hier liegt auch die Schwäche des Buches: Franzen weiß viel, und dieses Wissen will er an den Leser bringen. Dadurch wirkt die Geschichte manchmal etwas überfrachtet, als wollte der Autor ein Thema noch unbedingt unterbringen. 

Dennoch gibt es von mir eine unbedingte Empfehlung für „Schweres Beben“. Eine unterhaltsame Familiengeschichte vor dem Hintergrund von rätselhaften Erdbeben, das ist schon außergewöhnlich und lesenswert. Ich habe mich gut unterhalten und hatte auch genug zum Nachdenken. An die Klasse von „Die Korrekturen“ reicht „Schweres Beben“ zwar nicht heran, aber dass Franzen erzählen kann ist offensichtlich. (Christine)

Button geht es zum Bericht einer Lesung des Autors aus seinem neusten Roman "Die 27ste Stadt"!

Bewertung: ****

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: Originalausgabe: Strong Motion, Erschienen 2005 bei Rowohlt, Aus dem Amerikanischen von Thomas Piltz, 685 Seiten, 24,90 €

[Home] [Rezensionen] [Neuigkeiten] [Specials] [Autorenberichte] [Interviews] [Events]
[Tipp des Monats] [Taras Literatur-Film-Tipps] [Dykes Ohrenleser-Tipps] [Diskussionsforum] [Chat]
[Gästebuch] [Links] [Über mich] [Pressespiegel] [AGB] [Impressum/Kontakt] [Disclaimer]
© 1998 Buecher4um, erstellt am 28.06.2006, letzte Änderung am 15.07.2006, Layout by abrakan