Inhalt:
Armistead Maupins
"Stadtgeschichten", sind das schönste Portrait, was man
sich von San Francisco vorstellen kann. Alles dreht sich um die
Hausgemeinschaft in der Barbary Lane 28. Die Hausbewohner haben
alle ihre kleinen Geheimnisse, die nach und nach ans Tageslicht
kommen. Die Geschichten sind verwirrend, verrückt und lustig.
Jeder einzelne Protagonist stellt ein Stück San Francisco dar.
Der schwule Mike, die erwachsen werdende Mary Ann und nicht zu
vergessen, die herzliche Hausbesitzerin Mrs. Madrigal. In der
Barbary Lane ist alles voller Marotten und Neurosen und über all
dem liegt der Duft von gerade gerauchten Joints.
"Stadtgeschichten" ist kein Hippiebuch, aber auch keine
hochintellektuelle Lektüre.
Meine Meinung:
Rauschmittel oder Ein Kultroman.
Inhaltsstoffe: witzige, pointierte Geschichten deren Handlungsstränge
sich stets aufs Neue mit "Aha"-Effekt verknüpfen.
Anwendungsgebiete: bei Unterhaltungsdefizit und den daraus
hervorgehenden individuellen Symptomen. Dosierung und Art der
Anwendung: je nach Bedarf und Krankheitsbild. Nebenwirkungen: die
Menschen in und um die Barbary Lane 28 schliesst man sofort ins
Herz, Genuss in Reinkultur, unter Umständen leichte
Bauchschmerzen vor Lachen! Gegenanzeigen: mit jedem beendeten Band
ist es wie ein Abschied nehmen von Freunden, Suchtgefahr! (Petra
Pfeffer)
Meine Meinung:
Manche Bücher berühren einen so
sehr, dass man sie ganz fest in sein Herz schließt. Die Gründe
dafür sind vielfältig, aber häufig nicht wirklich greifbar.
Solche Bücher müssen nicht zwingend eine besondere Sprache, eine
rührende Geschichte, eine atemberaubende Spannung, einen
"Anspruch" gleich welcher Art besitzen. Es ist vielmehr
eine besondere Poesie, die erst durch Interaktion mit den Gedanken
und Gefühlen und der Stimmung des Lesers und somit ganz
individuell entsteht, die ein Buch für den einen zu etwas ganz
Besonderem macht, während es den anderen völlig kalt lässt -
und die auch für einen selbst den Unterschied zwischen einem ganz
tollen und einem ganz besonderen Buch ausmacht.
Zu solchen Büchern gehören bei
mir Armistead Maupins "Stadtgeschichten". Tatsächlich
kann ich das nicht begründen, handelt es sich doch rein oberflächlich
betrachtet nur um kurze, teils lustige, teils traurige Episoden
von mehr oder weniger Belang aus dem Leben einer Gruppe recht
durchschnittlicher Bewohner San Franciscos. Zwar liebe ich San
Francisco sehr, aber das alleine kann es nicht sein, rufen doch sämtliche
dort spielenden Bücher und Filme bei mir die gleiche Sehnsucht
nach dieser Stadt hervor. Nein, die "Stadtgeschichten"
haben für mich genau diese oben beschriebene Poesie, die mir ein
leicht debiles Glückseligkeitslächeln aufs Gesicht zaubert wie
sonst nur ein Konzert von Element Of Crime (wer je eins
erlebt hat, wird wissen, was ich meine), und die sich einfach an
nichts Konkretem festmachen lässt.
Maupin zeichnet mit den
"Stadtgeschichten" ein zeitgenössisches Bild vom San
Francisco der späten 70er bis weit in die 80er Jahre, einer
Stadt, die wie kaum eine andere geprägt ist durch eine multiple
Gesellschaft und das Ideal vom "leben und leben lassen",
kurz: durch Toleranz. Der bunte Reigen seiner Charaktere als
Spiegel dieser Gesellschaft beschreibt durch seine Entwicklung
zugleich deren Wandel, aber wie im richtigen Leben wird sich
diesem Wandel zum Teil verweigert. Sicherlich sind Glaubwürdigkeit
und Charme der Bücher auch dadurch begründet, dass sie nicht rückblickend,
sondern zeitnah als Zeitungskolumnen verfasst wurden, schließlich
kann kein Autor sein in der Zwischenzeit erworbenes Wissen und
seine Erfahrungen vollkommen ausblenden.
Ebenso liebenswerte wie
lebensechte Charaktere, von denen man sich am Ende von Band 6
leider traurig verabschieden muss, ebenso mitreißende wie
realistische Geschichten und als Schauplatz eine der schönsten
und interessantesten Städte der Welt. Eine leicht lesbare, aber
sehr glaubwürdige Sprache, ein wundervoller Humor und eine
Kapiteleinteilung bzw. -länge, die einen die Bücher gar nicht
mehr aus der Hand legen lässt ("Eins noch. Und noch eins.
Und..."). Was soll ich noch sagen - LESEN!!! (© Anja L.
2002)
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geht
es zur Buchbesprechung des Hörbuchs |
Bewertung: **** (Petra
Pfeffer)
Bewertung: **** (Anja)
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: 6 Bände, Taschenbuch (auch
als Sammelband in einem Schuber erschienen - zur Zeit jedoch
leider vergriffen - vielleicht mal bei www.abebooks.de
versuchen), Rowohlt Verlag, Preis pro Band: 7,50 €
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