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Rezension

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Inhalt / Meine Meinung:

Ulrich Greiner, verantwortlicher Redakteur im Bereich Literatur in der Wochenzeitung „Die Zeit“, hat mich gleich zu Anfang für sich eingenommen. Schreibt er doch in seinem Geleitwort so schön von dem Sinnbild, dessen er sich für sein Buch bedient. Er fordert darin seine Leser auf, die Bücher als Landschaft zu betrachten, die man durchwandert. Und dass man für manche Aussicht, mit der man belohnt wird, einen mühsamen Weg einschlagen und geduldig verfolgen muss. Das ist freilich nicht die Regel. Denn meistens ist lesen ein unbeschwerter Spaziergang, der einfach nur Freude macht. Greiner tadelt diese Bücher so wenig, wie er die, die höhere Erkenntnis zu bringen vermögen, als das allein selig machende preist.

Seinem Sinnbild bleibt er auch treu, indem das Lesen seines Leseverführers ebenfalls an eine Wanderung oder einen Spaziergang erinnert. Er führt seine Leser auf seine Lieblingspfade und an seine Lieblingsplätze und teilt seine Begeisterung dafür mit. Um später diese einzelnen Stellen problemlos erneut aufsuchen zu können, ist dem Buch ein Verzeichnis der Autoren und Werke angefügt. So kann man sich jederzeit wieder an den jeweiligen Ausguck – wollen wir das mal so nennen – begeben. Plätze, die mir Ulrich Greiner gezeigt hat und an denen ich mich sehr wohl gefühlt habe, gab es einige. Für das ein oder andere konnte er mich gar so erwärmen, dass ich mich nicht mit einem kleinen Ausguck zufrieden geben, sondern das ganze Panorama genießen möchte. Und wenn ich ihn recht verstanden habe, so war das genau sein Anliegen: Kein Kanon, der aufzeigt, was man gelesen haben muss, sondern Anregungen, die man aufsammeln kann oder einfach links liegen lassen. Denn der Bücherwald ist groß und ein jeder Leser schlägt seinen eigenen Pfad ein und findet darüber Verzweigungen, ganz ohne fremde Anleitung. Und so, meint Greiner, soll es sein.

Doch Ulrich Greiner passiert nicht nur einen literarischen Schauplatz nach dem anderen. Sondern, was vielleicht noch bezaubernder ist, er hinterfragt Dinge, die sicher jeden passionierten Leser irgendwann schon beschäftigt haben: Warum enden so viele gute Bücher schlecht? Sollte man über den Autor vor dem Lesen etwas in Erfahrung bringen? Wo liest es sich besonders gut? Warum liest man überhaupt? Was macht den Reiz des Lesens aus? Wie vertragen sich Wahrheit und Fiktion und warum scheinen manche Helden ein Eigenleben zu haben, weit über die letzte Buchseite hinaus? Alles erklärende Antworten kann Ulrich Greiner nicht geben. Aber auch hier denke ich, dass ich ihn recht verstehe, dass er das auch überhaupt nicht für sich beansprucht. Er tritt das gesamte Buch über bescheiden auf und macht auf mich den Eindruck, als wolle er nur eins: Von seiner Lese- und Bücherleidenschaft erzählen, von Leser zu Leser. Und ganz nebenbei beschenkt er dabei jeden aufmerksamen Weggefährten mit einer Vielzahl wertvoller Gedanken über das Lesen. Gescheit und elegant, aber niemals anmaßend. So wünsche ich mir das!

Einen weiteren Sympathiepunkt erhielt der Autor von mir, als er zu Anfang die Leserinnen anspricht und seiner Hoffnung Ausdruck verleiht, dass sie sich angesprochen fühlen, wenn er vom „Leser“ spricht. Wohltuend, dass er sich nicht dazu hinreißen ließ, stetig bemüht die Damen gesondert und an erster Stelle anzusprechen, sondern auf Verständnis hofft, in der männlichen Form selbstverständlich beide Geschlechter zu meinen. Einfach vom „Leser“ zu sprechen, ohne diesen klarzustellen, hätte ihm hingegen nachteilig ausgelegt werden können. Und wenn es dann noch so charmant formuliert ist, kann es ja nur gut werden – und ich wurde nicht enttäuscht. 

Fazit: Das Ergebnis dieser Lektüre waren viele schöne Gedanken rund ums Lesen sowie zahlreiche notierte Bücher auf der Wunschliste, auf die Ulrich Greiner mich neugierig gemacht hat. Aber darüber hinaus hat der Autor mein Wissen im Bereich der Literatur durch seine herrlichen Inhaltsbeschreibungen und Sinndeutungen bereichert. Wenn ich nun auch nicht jedem seiner Lese-Wege folgen, sondern tatsächlich weiter meinen eigenen Weg einschlagen möchte, so hat er mir doch das ein oder andere Buch sinnbildlich ins Reisegepäck stecken können und mir ein wenig von seinen eigenen Lesereisen berichten können. (Petra)

Bewertung: ****

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: 215 Seiten, fester Einband, Verlag: C.H. Beck, 14,90 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 24.11.2005, letzte Änderung am 30.11.2005, Layout by abrakan