1ADIMD5.gif (12828 Byte) Zurück zu neuere Bücher    Zurück zu Buchbesprechungen März 2002

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Marklund, Liza

Studio 6:

 

Inhalt:  

Die junge Reporterin Annika Bengtzon (vielen LeserInnen bereits aus "Olympisches Feuer" bekannt, hier nun ihre Vorgeschichte) entflieht vorübergehend ihrer privat wie beruflich provinziellen Umgebung, um die Sommermonate als Vertretung in der Redaktion des Stockholmer "Abendblattes" zu verbringen.

Die Ermordung einer jungen Frau, deren Leiche unbekleidet auf einem Friedhof aufgefunden wird, beginnt das Sommerloch der schwedischen Presse auf Wochen hinaus zu stopfen. Um so mehr, als die Tote als Stripperin in einem Sexclub namens "Studio 6" gearbeitet hat - pikanterweise auch der Name eines beliebten politschen Radiomagazins. Dieses beginnt sich für den Fall zu interessieren, als der sozialdemokratische Außenhandelsminister mangels Alibi in die Geschichte verwickelt wird. Annikas raffinierte Recherchen, mit denen sie selbst gestandenen Kollegen oft um Nasenlängen voraus ist, decken Schritt für Schritt einen schmutzigen Regierungsskandal auf.

 

Meine Meinung:

Der Klappentext von "Studio 6" zitiert eine Kritik: "Liza Marklund schreibt mit Verve, Mut und sprachlicher Vitalität. Mehr! Mehr!" Bitte nicht. Ich habe nichts von all dem entdecken können.

Allein die poltischen Intrigen verleihen diesem Roman einen Hauch von Spannung. Alles weitere bleibt Stückwerk. Vieles wird thematisch angerissen, um gleich wieder fallen gelassen zu werden. Worum geht es der Autorin eigentlich? (Vorweg: Ich weiß es nicht, ich will es auch längst nicht mehr wissen.)

Allen voran die unglaubwürdig gezeichnete Persönlichkeit Annikas, die stets zwischen den Extremen denkt und handelt, was sich bei einer Anfangzwanzigjährigen kaum mehr mit pubertärem Überschwang erklären lässt. Ihre emotionale Anteilnahme nimmt man ihr nicht wirklich ab, denn zu wenig erfährt man über ihre eigenen Befindlichkeiten und ihr soziales Umfeld. Peinlich der Anflug von Medienkritik angesichts dieser Heldin, die sich - genau so gierig wie alle anderen Kollegen - im Hinblick auf die eigene Karriere an der journalistischen Leichenfledderei beteiligt. Ebenso peinlich ihre hochmoralischen Attitüden, die hübsch eingebettet sind in die Kleinmädchen-Prüderie, mit der Marklund die Themen Rotlichtmilieu und Prostitution abhandelt. Noch peinlicher die Schilderung einer wild gewordenen Horde von Jugendlichen, die post mortem erkennen, dass sie alle enge FreundInnen der Verstorbenen gewesen sind und deren von Sozialarbeiterinnen eingeredete Betroffenheit in einem wohl organisierten Trauermarsch zur gewalttätigen Massenhysterie mutiert. (Schon allein wegen dieser missratenen Szene ist der Roman wert, nicht gelesen zu werden.)

Der Versuch eines Erzählstilmix’ à la Minette Walters wirkt bemüht und aufgesetzt. Vor allem zum Ende hin, wo der überzeichnete Showdown mit einer näheren Erklärung hätte aufgefangen werden müssen, statt dessen aber mit knappen fiktiven Pressemitteilungen und -artikeln kurzerhand vom Tisch gefegt wird. Leider wird den LeserInnen manches nachträglich erhellende "Aha, so war das"-Erlebnis nicht gegönnt.

Alles in allem: Entbehrlich. © Fevvers 2001

 

Bewertung: *

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

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Infos zum Buch: Hoffmann & Campe, 2001