Hallo zusammen,
Hiromi Kawakamis Roman
Herr Nakano und die Frauen habe ich inzwischen ausgelesen, gefiel mir sehr gut. Im Netz habe ich dazu u. a. diese Besprechung gefunden, in der der Roman unter dem Aspekt der Bindungsangst und "Reifungsunwilligkeit" betrachtet wird, die für junge japanische Erwachsene heutzutage einigermaßen typisch sein soll:
http://www.japanologie.uni-frankfurt.de ... rosch.htmlNicht die Jüngeren (Hitomi und Takeo) stürzen sich in diesem Roman in Affären und erotische Verwicklungen, sondern die Älteren. Die Autorin zeige sich als "Lebensberaterin einer verlorenen Generation" heißt es in der Besprechung, das ist eine interessante Sichtweise, aber ob Kawakami diesen Roman wirklich deshalb geschrieben hat, um jüngeren Erwachsenen Lebenshilfe zu geben? Na ja, ich weiß nicht, das wäre mir dann doch etwas zu platt.
Aber auffällig ist schon, daß in diesem Roman die Rollen von Jung und Alt in gewissem Sinne vertauscht sind: ruhige Bedächtigkeit und ein Sich-Ergeben in den gleichmäßigen Trott des Lebens bei den beiden jüngeren Hauptfiguren, die älteren sind dagegen viel redseliger, unternehmungslustiger und sie haben auch einen gewissen Unernst und eine jugendliche Unvernünftigkeit an sich.
Nach diesem Roman von Hiromi Kawakami habe ich nun den Roman
Die schlafenden Schönen von
Yasunari Kawabata (er erhielt 1968 den Nobelpreis) zu lesen begonnen. Eine sehr merkwürdige Geschichte: Ein 67jähriger Mann, der an sich selbst immer deutlicher die "Erbärmlichkeit des Alters" wahrnimmt, verbringt mehrere Nächte in einer Art Freudenhaus, wo er jeweils neben einer schönen jungen Frau schläft, die in Tiefschlaf versetzt worden ist (dieses Motiv wird übrigens von Banana Yoshimoto in ihrer Erzählung
Dornröschenschlaf wiederaufgenommen). In dem Haus wird darauf geachtet, daß die Männer so alt sind, daß sie auch tatsächlich nur
neben und nicht mehr
mit den Mädchen schlafen können. Dieses Alter hat der Mann, um den es in dem Roman geht, zwar noch nicht erreicht, trotzdem unterwirft er sich den Regeln des Hauses und nimmt - nicht frei von Unbehagen und Selbstvorwürfen - diese ungewöhnliche Dienstleistung in Anspruch. Bevor der Mann einschläft, betrachtet er die neben ihm liegende junge Frau, manchmal berührt er sie auch oder redet mit ihr, obwohl sie in tiefem Schlaf liegt. Dabei erinnert er sich an verschiedene Ereignisse in seinem Leben oder er denkt über die ungewöhnliche Situation nach, in der er sich befindet, schließlich schläft er ein, wobei ihn manchmal seltsame Träume heimsuchen.
Schöne Grüße,
Wolf