 Inhalt:
Jane Eyre ist Waise, sie
wächst bei Mrs. Reed, ihrer Tante, den verhassten Cousinen und
dem brutalen Cousin, als geduldetes Anhängsel auf. Dankbar
sollte sie sein, kann dieses Gefühl jedoch nicht aufbringen.
Enge, Verlogenheit, blinder Gehorsam sind ihr ein Gräuel.
Im Alter von zehn Jahren
verlässt sie das Herrenhaus und wird nach Lowood zur Schule gegeben.
Dort erlebt sie neben Hunger und Kälte auch zum ersten Mal, dass ihr
Liebe und Freundschaft entgegen gebracht wird. Sie entwickelt sich
von einem ehrlichen, gradlinigen Mädchen zu einer ernsthaften jungen
Frau und Lehrerin.
Als ihr klar wird, dass
sie noch nichts von der Welt gesehen hat, bittet sie Gott um
Abwechslung. Sie gibt ein Stellengesuch in einer Zeitung auf und
wird daraufhin in Thornfield als Gouvernante eingestellt.
Dort trifft sie wieder auf
liebevolle Menschen und verliebt sich in den Gutsherrn, Edward
Fairfax Rochester. Diese Zeit ist vorerst die glücklichste ihres
Lebens, obwohl Mr. Rochester Heiratspläne mit einer Miss Ingram
macht, wächst ihre Liebe zu Mr. Rochester, angestachelt durch viele
freundliche Gespräche.
Wäre da nicht die
merkwürdige Gestalt einer Grace Pool, die angetrunken öfter
gruslig lachend im obersten Stockwerk herumwandert, scheinbar für
einige Brände verantwortlich ist und nicht verschwindet, dann wäre
das Leben fast unerträglich schön, denn auch Mr. Rochester ist
heftig in Jane Eyre verliebt.
Doch so einfach hat das
Schicksal es nicht vorgesehen für Jane Eyre.
Wer vorab mehr zum Inhalt
wissen möchte, der lese entweder ‚Der
Fall Jane Eyre’ (aber wer weiß dann so genau, welches Ende dann
wirklich in seiner eigenen Ausgabe enthalten ist) oder
hier
weiter. ICH möchte einem unvorbereiteten Leser nicht das
Lesevergnügen nehmen.
Meine
Meinung:
Jane Eyre, ein
emotionsgeladener Roman aus der Mitte des 19. Jahrhundert, rund um
zwei emotionale Persönlichkeiten, manche sagen auch – ein
Entwicklungsroman. Ein Klassiker aus England, geschrieben von einer
Frau, auch wenn das Pseudonym bei der Erstveröffentlichung, Curror
Bell, diesen Rückschluss noch nicht zugelassen hat. Der Untertitel
‚Autobiografie’ sagt etwas über die Perspektive des Romans aus, denn
wir erleben das Leben der Jane Eyre aus ihrer Sicht, es handelt sich
hier um ein fiktives Leben.
Die
taubengrauen
Schwestern von Arno Schmidt hatten mich vorbereitet auf:
mächtige Bäume,
heftige Gefühle, Regen, Blitz und Donner, cholerische Personen,
brackiges Wasser und Schauergeschichten. Wie in der ‚Sturmhöhe’, dem
Buch ihrer Schwester Emily, fand ich diese Elemente auch bei
Charlottes Jane Eyre. Die heftigen Gefühle beschränken sich hier
jedoch nicht, wie bei der Sturmhöhe auf Hass, hier ist auch liebe
und Vertrauen zu finden – und ein Hauch Exotik.
Wenn man die
Lebensgeschichte der Brontës liest, dann fällt auf, wieviel
Charlotte, ähnlich wie Emily, hier aus ihrem eigenen Leben
verarbeitet hat. Internat und Lehrer, Gouvernantendasein und
die schlechte Wasserqualität daheim, die Lebensumstände auf dem Land, die Pfarrer – an
vielen Ecken finden sich Hinweise, wenn man davon weiß, wenn nicht,
nimmt man es als detailreiche Beschreibung der Gegend - beides ist
interessant.
Wäre dies ein
historischer Roman, hörte ich die Kritikerrufe schon im Voraus,
solche eine Person kann es doch zu der Zeit gar nicht gegeben haben.
Die Frauen waren doch alle verhuschte Mäuschen, keine hätte es
gewagt derartig selbstbewusst, eigensinnig oder starrköpfig
vorzugehen. Wie gut, dass diese Kritikpunkte hier nicht greifen
können, denn schließlich stammt er von einer Frau der Zeit. Zu
seiner Zeit wurde das Buch als skandalös betrachtet. Erwartet hätte
ich eine solch fortschrittliche und freidenkende Frau nicht, als ich
mich auf den Roman einließ.
Mir gefällt Jane,
die gradlinige Jane, die sich nicht beirren lässt. Wie sie ihrer
Tante trotz ihres Unglücks die Stirn bietet, wie sie mir Edward
diskutiert und trotzdem in ihrem Glauben und ihren Einstellungen
nicht wankt. Erst habe ich es bedauert, dass sie dann nicht über
ihren Schatten springen kann. Aber der dritte Teil wäre dem Leser so
vorenthalten worden - und damit würden entscheidende Szenen der
Selbstfindung und ein weiterer Schurke fehlen.
Sie bleibt sich
treu und das wird belohnt. Wie schön darüber zu lesen oder zu hören.
Es mag kitschig klingen, aber ist es nicht schön, wenn die Bösen
bestraft werden und die Guten irgendwie siegen?
Die Männer wirken
oft gnadenlos selbstherrlich, nicht nur der grausame Pfarrer von
Lowood oder der spätere Heiratskandidat, selbst Rochester, der in
seiner Liebe so entzückend auf mich wirkt, nimmt seine
Entscheidungen als Maßstab, anstatt Jane sein Problem zu gestehen
und mit ihr eine Lösung zu suchen. Aber ich denke so weit war die
Zeit nun wirklich noch nicht, und so bleibt es eine schöne
Geschichte zum Träumen, verfasst in einer wundervoll bildreichen
Sprache.
Die Ausgabe, die
meine Eindrücke prägte, ist die Sonderausgabe von Manesse (Einband
abwaschbar). Entscheidend dabei ist die Übersetzerin, Andrea Ott,
die mich mit ihrer Wortwahl verzaubert hat. Den Preis von derzeit
6,95 Euro ist das Buch sicher wert. Das Papier ist eher grau und
rau, unter Manesse stellt man sich jedoch eher etwas Edles vor,
außerdem ist das dicke Buch mit beinahe 800 Seiten sehr unhandlich
und dick.
Ein Nachwort und
Quellenangaben zu Zitaten sind im Anhang zu finden.
Da es ein Buch
ist, das man vermutlich gerne nochmals zur Hand nimmt, ist die
Investition in eine schönere Ausgabe z.B. mit Dünndruckpapier
vielleicht empfehlenswerter. (Binchen)
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eine Rezension
zum Hörbuch (von Patmos) von "Jane Eyre" im
Hoerbuecher4um. |
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eine Rezension
zum Hörbuch (von Lido) von "Jane Eyre" im
Hoerbuecher4um. |
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eine Rezension
zu einer Verfilmung von "Jane Eyre". |
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eine
private liebevolle Homepage über die drei Schwestern Brontë. |
Bewertung:
****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: ca. 780 Seiten, Sonderausgabe
Manesse 6,95 Euro, Originalausgabe 24,95 €.
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